Blickwechsel
Kirchen-Partnerschaft ist keine Einbahnstraße

Begegnung: Der Autor des Textes, Gerhard Richter (re.), ist Tansania-Referent des Leipziger Missionswerks. Zusammen mit Geschäftsführer Martin Habelt (li.) brachte er die Pfarrerinnen Helen Monica Kennedy und Nancy Nahum Mtera in Kontakt mit Synodalen bei den Frühjahrstagungen. | Foto: Willi Wild
  • Begegnung: Der Autor des Textes, Gerhard Richter (re.), ist Tansania-Referent des Leipziger Missionswerks. Zusammen mit Geschäftsführer Martin Habelt (li.) brachte er die Pfarrerinnen Helen Monica Kennedy und Nancy Nahum Mtera in Kontakt mit Synodalen bei den Frühjahrstagungen.
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Kirchen-Partnerschaft ist keine Einbahnstraße
Von Gerhard Richter

Alles wirkliche Leben ist Begegnung.« Dieser Satz Martin Bubers bestätigt sich immer wieder in kirchlichen partnerschaftlichen Beziehungen. Die persönlichen Begegnungen geben der Partnerschaft ein Gesicht. Unsere kirchlichen Partnerschaftsbeziehungen gibt es, weil wir einen gemeinsamen Glauben haben. Wir leben und feiern gemeinsam unser Vertrauen in Gott durch Jesus Christus. Trotz der großen Entfernungen gehören wir einer Familie an. In dieser Familie darf man natürlich verschiedene Meinungen haben. Dennoch sind wir eingebunden in eine Gemeinschaft.
Wir teilen die Höhen und Tiefen des Lebens mit unseren Geschwistern. Wir feiern miteinander, wir beten füreinander und wir helfen einander. Gott sei Dank ist das keine Einbahnstraße mehr. Beim Hochwasser 2013 haben tansanische Christen gesammelt, um den Flutopfern in Deutschland zu helfen. Vielen von uns fällt die Rolle des Gebenden leichter als die des Empfangenden. Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir diejenigen sind, die helfen, weil wir die größeren Ressourcen haben.
Und wir denken dabei oft nur an die materiellen Dinge. Unsere leeren Kirchenbänke lehren uns, dass dieses Denken eine Sackgasse ist. Wir vergessen so leicht die Seelen. Das ist unseren tansanischen Geschwistern sehr bewusst. Es schmerzt sie zu hören, dass das Land, aus dem der Impuls für die Entstehung ihrer Kirche kam, heute der Mission bedarf, weil der Großteil der Menschen vergessen hat, wie ein Leben mit Gottvertrauen aussieht.
Bei einem Besuch in Deutschland fragen sie gezielt: »Wann betest du?« Oder: »Erzählst du deinen Kindern von deinem Glauben?« Das macht uns mitunter verlegen, denn darüber sprechen wir nicht gern. Oder wie Bischof Frederick Shoo, der Leitende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELCT) es ausdrückte: »In Tansania reden wir nicht über Sex, aber über unseren Glauben. In Deutschland redet man oft über Sex, aber nicht über den Glauben.«
Aus verschiedenen Reiseerfahrungen wurde mir immer wieder ein Satz weitergesagt: »Das Wichtigste ist die Begegnung.« Offenbar ist sie durch nichts zu ersetzen. Ich wiederhole mich: In der Begegnung bekommt die Partnerschaft ein Gesicht – und oft auch eine Seele. Zuweilen ändern sich auch die eigene Motivation und die eigene Sichtweise auf partnerschaftliche Beziehungen.
Oft lese ich in den Berichten der Freiwilligen, die für ein Jahr in Tansania ihren Dienst in einer kirchlichen Einrichtung tun, den Satz: »Ich bin gekommen um zu helfen und musste merken, dass ich derjenige bin, dem geholfen wird.« Mir ist es wichtig, offen zu bleiben für einen solchen Positionswechsel. Und mir scheint, dass wir gerade einen Paradigmenwechsel in der Partnerschaftsarbeit erleben: hin zu mehr gegenseitiger Achtung und Geschwisterlichkeit. Mit diesem Trend haben wir den Entwicklungen in unserer Gesellschaft etwas entgegenzusetzen. Wo immer noch Vorurteile gepflegt werden, die nicht erst seit gestern überlebt sind, können wir aus der eigenen Erfahrung der Begegnung ein anderes Bild in den Dialog einbringen.

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