Frieden im Nahen Osten
EKD-Friedensbeauftragter: "Ich bin gedämpft optimistisch"

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Nach zwei Jahren Krieg haben Israel und die Terrororganisation Hamas ein Friedensabkommen erzielt. Ausgehandelt hatte den Waffenstillstand US-Präsident Donald Trump. Das Gaza-Abkommen sieht auch die Freilassung der letzten 20 Überlebenden aus der Geiselhaft der Hamas vor. Doch wie sicher ist der Frieden im Nahen Osten tatsächlich? Willi Wild hat dazu den Friedensbeauftragten des Rates der EKD, Friedrich Kramer, befragt.
Wie realistisch ist die Aussicht auf Frieden nach der Freilassung der noch lebenden israelischen Geiseln im Gaza?
Friedrich Kramer: Die Freude ist groß, dass die lebenden Geiseln freigelassen wurden. Man spürt, dass damit einer der Hauptgründe des Krieges im Gazastreifen nicht mehr vorhanden ist.
Gleichzeitig wissen wir aber, dass es eine sehr komplexe Situation ist, die eine jahrzehntelange Vorgeschichte hat. Und auch die Wunden, die dieser Krieg gerissen hat, sind natürlich nicht mit der Übergabe der Geiseln geheilt. Insofern bin ich gedämpft optimistisch, was die weitere Entwicklung anbelangt. Doch noch überwiegt die Freude, dass die Menschen, die zwei Jahre in Kellern und Tunneln eingesperrt, psychisch und physisch gefoltert wurden, nun endlich in die Freiheit gelangen konnten.
Es bleibt die Aufgabe, dass wir uns an die Seite unserer jüdischen Geschwister stellen.
Wie kann der Hass aufeinander überwunden werden?
Hass kann nur durch Gespräche, Kontakte und Gerechtigkeit überwunden werden. Das Thema Gerechtigkeit ist hier extrem kompliziert. Ich habe aber die Hoffnung, dass eine Annäherung erfolgen kann, nachdem die arabischen Staaten zusammen mit den USA und Europa gemeinsam wollen, dass der Kampf aufhört. Es besteht eine Chance, gemeinsam an einer friedlichen Lösung zu arbeiten. Die Gewalt scheint erst mal stark eingedämmt und das ist gut.
Welche Rolle kommt den christlichen Kirchen in der Region zu?
Die christlichen Kirchen im Nahen Osten sind in vielen Ländern unter schwerer Bedrückung und oft selbst Leidtragende. Dennoch engagieren sich die Kirchen für Versöhnung und nachhaltig friedliche Konfliktlösungen und sind mit ihren ökumenischen Partnern gut vernetzt. Für Israel wie für die palästinensischen Gebiete spielen auch die christlichen Pilger eine Rolle und es wäre gut, wenn hier ein Stück Normalität eintritt und die Pilger wieder ins Land kommen. Auch das kann dazu beitragen, die Situation zu befrieden
Denken Sie, dass mit der Waffenruhe, der Freilassung der Geiseln und der Übergabe palästinensischer Inhaftierter der Antisemitismus und der Hass auf Israel nachlässt?
Wenn es nicht mehr täglich Bilder aus Gaza gibt, kann es gut sein, dass wir wieder zu einer Situation wie vor dem Krieg zurückkehren. Der Antisemitismus ist da. Er hat an vielen Stellen sein hässliches Haupt erhoben. Es bleibt die Aufgabe, dass wir uns an die Seite unserer jüdischen Geschwister stellen. Und klar bekennen: Wir stehen zu euch!
Autor:Willi Wild |
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