Blickwechsel
Im Schnitt 20 Taifune pro Jahr

Satellitenbild des Taifun Haiyan am 7. November 2013 | Foto: NASA/commons.wikimedia.org
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Vor der Zukunft haben 92 Prozent der jungen Philippinerinnen und Philippiner Angst.

Von Nicola Glass

Der Grund: Das Land gehört zu denjenigen, die die Klimakrise am deutlichsten spüren. In einer von der medizinischen Zeitschrift «The Lancet» veröffentlichten internationalen Studie sprechen Jugendliche von 16 bis 25 Jahren von Furcht, Frust, Verzweiflung und Wut.

Im Schnitt 20 Taifune fegen jedes Jahr über die Philippinen, Wetterextreme nehmen schon länger deutlich zu. Und es dürfte noch schlimmer kommen: Laut aktuellem UN-Klimabericht bewegt sich die Erderwärmung Richtung 2,7 Grad.

Der junge Klimaaktivist Jefferson Estela kritisiert die immer gleichen Muster: «Schlagzeilen über die Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen, die auftauchen und dann verschwinden, Menschen, die winzige Änderungen ihres Lebensstils vornehmen, und andere, die aufgeben.» Unzählige Male haben Estelas Landsleute erfahren, dass sie als Bewohner des globalen Südens den Preis für die Klimakrise zahlen.

Eine, wie sie es beschrieben, «apokalyptische Szenerie» haben sie vor acht Jahren durchlitten: Im November 2013 raste der Taifun «Haiyan» über die Philippinen hinweg – einer der stärksten je gemessenen Wirbelstürme. Mindestens 6300 Menschen starben, Millionen weitere verloren Häuser, Einkommen und Lebensgrundlage. Weil auf die Zerstörung keine Konsequenzen folgten, ging die Bevölkerung zur Gegenwehr über: 2015 riefen Taifun-Überlebende, Fischer, Umweltschützer und andere die philippinische Menschenrechtskommission mit einer Petition auf, den Beitrag von Konzernen zur Klimakrise zu prüfen. Genannt wurden unter anderem BP, Chevron, Exxon, Shell und Total.

Nach Anhörungen in Manila, London und New York befand die Kommission 2019, dass die 47 «Carbon Majors» rechtlich mit für Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit der Klimakrise verantwortlich gemacht werden könnten. Damit habe erstmals ein Menschenrechtsgremium so entschieden und auf diese Weise ein «Leuchtfeuer der Hoffnung» erzeugt, urteilte Amnesty International.

«Die am meisten darunter leiden, tragen am wenigsten dazu bei», sagt der Exekutivdirektor von Greenpeace Südostasien, Yeb Saño. Die Organisation hat die philippinische Petition mit initiiert. Die Verursacher zur Verantwortung zu ziehen, sei «ein Akt der Gerechtigkeit». Auf den Philippinen steht auch die eigene Regierung in der Kritik: Im April hob Staatschef Rodrigo Duterte ein neun Jahre altes Moratorium für die Inbetriebnahme neuer Bergbauprojekte auf, um angesichts der von Covid-19 gebeutelten Wirtschaft Geld in die Staatskasse zu spülen. Die Initiative «Alyansa Tigil Mina» kritisiert die Kehrtwende Dutertes, der bei Amtsantritt vor fünf Jahren behauptet hatte, die Zerstörung der Wälder stoppen zu wollen.

Auch beim Schutz von Klimaaktivisten versagt die Regierung. Von den 227 Naturschützern, die im vergangenen Jahr weltweit ermordet wurden, stammten 29 von den Philippinen. Das war laut der Menschenrechtsorganisation Global Witness die dritthöchste Zahl – hinter Kolumbien und Mexiko.

Allein seit Dutertes Amtsantritt 2016 bis Ende 2020 zahlten in dem südostasiatischen Inselstaat 166 Frauen und Männer ihr Engagement für die Umwelt mit dem Leben – «ein schockierender Anstieg für ein Land, das schon zuvor ein gefährlicher Ort war, sich für die Natur einzusetzen». Dies dürfte dazu beitragen, dass sich laut der in «The Lancet» publizierten Studie 68 Prozent der jungen Generation auf den Philippinen von den Regierenden im Stich gelassen fühlen.

(epd)

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Online-Redaktion

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