Reiner Haseloff
Der Landesvater mit dem Bibelzitat in der Tasche

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Er werde nicht zulassen, dass die AfD sein Heimatland verhunze. Das schleuderte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) im Juni der in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextrem geltenden Partei im Landtag entgegen. Der CDU-Politiker wird nicht mehr selbst an führender Position dafür Sorge tragen können. Bei der Landtagswahl im Herbst 2026 will der 71-Jährige nicht noch einmal antreten.
Von Birgit Wilke
Der dienstälteste Ministerpräsident Deutschlands gilt als prinzipientreu, wertkonservativ - und als fest verwurzelt im christlichen Glauben. Seit 2011 steht der Katholik, der in der Lutherstadt Wittenberg zu Hause ist, an der Spitze von Sachsen-Anhalt. Von 2016 bis 2021 gehörte er zu den wenigen Ostdeutschen, die als Einzelpersönlichkeit Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken waren. In dem obersten Laiengremium sorgte er für manch hitzige Diskussion - etwa wenn es um staatliche Zuschüsse für Katholikentage ging. Haseloff sah diese Unterstützung sehr kritisch.
Mit großer Sorge hat er in den vergangenen Jahren den wachsenden Zuspruch für die AfD beobachtet - bundesweit und vor allem in seinem Bundesland. Und so sahen viele seinen Auftritt im Juni als eine Bewerbung, noch mal für Sachsen-Anhalt anzutreten. Doch Haseloff entschied sich nun, einem Jüngeren, dem 46-jährigen Sven Schulze, Platz zu machen.
Beliebter Landesvater
Haseloff selbst hatte es vor 14 Jahren als Nachfolger des kürzlich verstorbenen Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer nicht leicht. Böhmer gab sich stets volksnah und pragmatisch. Der Diplom-Physiker Haseloff galt dagegen vielen als zu technokratisch. Doch das änderte sich schnell, und Haseloff wurde zum beliebten Landesvater, der in wechselnden Koalitionen regierte.
Immer wieder mahnte der CDU-Politiker eine Reform von ARD und ZDF an. Eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags lehnte er ab. Von Beginn an beäugte er die AfD kritisch. So entließ er kurzerhand den früheren Innenminister Holger Stahlknecht, der lange als sein Nachfolger gehandelt wurde, als dieser im Streit um die Rundfunkgebühren andeutete, dass er sich auch eine CDU-Minderheitsregierung vorstellen könne. Was im Fall des Rundfunkbeitrags bedeutet hätte, dass die CDU auf die Stimmen der AfD angewiesen gewesen wäre, die eine Erhöhung ebenfalls ablehnte.
Haseloff betonte selbst immer wieder, dass ihm sein Glaube Kraft für seine Arbeit gebe. Es ist bekannt, dass seine Frau ihm seit vielen Jahren jeden Tag ein Bibelzitat heraussucht. Politische Termine am Sonntagmorgen nimmt er nur sehr ungern an. Dabei gehört der CDU-Politiker mit seiner Konfession in Sachsen-Anhalt einer kleinen Minderheit an. Nur rund drei Prozent der Bevölkerung sind in dem Land katholisch.
Spiritueller Tourismus
Haseloff trat bereits Mitte der 1970er Jahre in die Ost-CDU ein. Aber erst Jahre nach der Wende stieg er in die Parteispitze auf: Seit 2008 sitzt er im Bundesvorstand. In Sachsen-Anhalt hat sich der Vater von zwei Kindern und Großvater von fünf Enkeln zunächst im Wirtschafts- und Arbeitsministerium als fleißiger und uneitler Politiker einen Namen gemacht, erst als Staatssekretär, dann von 2006 bis 2011 als Wirtschafts- und Tourismusminister. In seiner Amtszeit setzte er stark auf spirituellen Tourismus.
Auch als Ministerpräsident ist eines seiner Ziele, lange vergessene kirchliche Wurzeln der Region wieder in Erinnerung zu rufen. Gerne verweist Haseloff bei Veranstaltungen darauf, dass Sachsen-Anhalt die höchste Klöster- und Kirchendichte bundesweit besitze und welche Chancen dies auch kulturell biete. So unterstützte er den Aufbau des "Lutherwegs" zu Stätten des Reformators und das Reformationsgedenken 2017. Auch die Schirmherrschaft über die "Radfahrerkirchen" in seinem Bundesland übernahm er gerne.
Haseloff ist kein Taktierer, populistische Sprüche sind ihm zuwider. Lieber glänzt er durch Faktenwissen, auch wenn er sich dabei gelegentlich in Details verliert. Derzeit liegt seine Partei in Umfragen mit etwas mehr als 30 Prozent knapp vor der AfD, die aus Sicht des Landesvaters nicht zur stärksten Kraft werden darf.
Er wolle nicht in einem Bundesland leben, in dem die AfD die Landesregierung stelle, sagte der heimatverbundene Haseloff kürzlich in einem Interview. Sollte die AfD die Macht im Magdeburger Landtag übernehmen, wäre es für ihn eine Grundsatzüberlegung, seine Heimat zu verlassen. An seinem Nachfolger als Spitzenkandidat, Sven Schulze, wird es nun liegen, ob die CDU bei der Landtagswahl wieder stärkste Fraktion wird.
(KNA)
Autor:Online-Redaktion |
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