Wie Erwachsene sich auf die Taufe vorbereiten und sie feiern
Gottes bedingungslose Liebe

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Wer in einer evangelischen Gemeinde getauft wird, trifft diese Entscheidung meist nicht selbst, sondern wird von Eltern und Paten zur Taufe gebracht. Die Säuglingstaufe ist weitverbreitet, aber immer wieder entscheiden sich auch Erwachsene, ihr Leben mit Gott zu teilen. Auch in den Gemeinden der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland werden regelmäßig Erwachsene getauft.
Ihre Entscheidung ist sehr viel individueller und sehr viel ehrlicher, sagt Heide Liebold. Die Pfarrerin von Wernigerode kann in schöner Regelmäßigkeit zu Glaubens- und Taufkursen für Erwachsene einladen. Manche gehen diesen Weg, weil sie kirchlich heiraten möchten, weil ihr Baby getauft wird oder ihr Teenager über Freunde zur Konfirmation gekommen ist. Andere gehen diesen Weg gegen den Widerstand von Familie und Freunden. Sie kommen mit ihren eigenen Lebenserfahrungen, sprechen davon, dass Gott sie getragen habe, und spüren nun den Wunsch nach seinem Segen. "Das sind sehr selbstbewusste Menschen", sagt Heide Liebold. Sie freut sich, sie ein Stück weit begleiten zu können.
Der Taufunterricht findet in kleinen Gruppen statt, manchmal auch als 1:1-Kurs. Meistens beginnen sie in der Passionszeit und enden zu Ostern mit der Taufe. Im Kurs kommen die klassischen Themen des Reli- oder Konfi-Unterrichts zur Sprache, einerseits. Da geht es um eine Art Glaubens-ABC, um die Bibel, die Kirche, das Kirchenjahr, den Gottesdienst und seinen Ab-lauf, um Credo, Kyrie und Halleluja.
Andererseits kämen viele persönliche Erfahrungen zur Sprache, sagt Heide Liebold. Das bestätigt auch Pfarrer Christoph Eichert, der für fünf hallesche Gemeinden zwei Taufkurse jährlich anbietet. Persönliche Fragen spielten eine große Rolle: das Bild von Gott, die Beziehung zu Jesus, die Vorstellung von Himmelfahrt und Auferstehung. "Ich als Pfarrer breite da eher die Palette der verschiedenen theologischen Ansichten aus und ich sage, was ich persönlich glaube." Ein Dogma ergibt sich daraus freilich nicht, eine Antwort müssen die Frauen und Männer für sich selbst finden. Glaube, das hat mit Intuition und mit Wissen zu tun, sagt Christoph Eichert. Die Entstehung biblischer Schriften, der Aufbau und die Logik des Gottesdiensts – das komme dem schulischen Reli-Unterricht schon sehr nah.
Im Gegensatz zur Kindstaufe benötigen Erwachsene keinen Paten. Manchmal gebe es den Wunsch, einen Zeugen zu benennen, der im Gottesdienst selbst eine Rolle spielt und zum Beispiel die Taufkerze entzündet.
"Die Täuflinge nehmen ihr Christsein im Anschluss oft sehr ernst", sagt Heide Liebold aus Wernigerode. Sie besuchen nicht nur regelmäßig Gottesdienste, sondern engagieren sich auch in Kreisen, möchten gern etwas zurückgeben, etwa, indem sie helfen, Gottesdienste vorzubereiten oder sogar für den Gemeindekirchenrat kandidieren. Die Verantwortung füreinander sei wechselseitig, ergänzt Christoph Eichert. Immerhin stellt der Pfarrer der Gemeinde die Frage, ob sie für den Täufling da sein wolle.
Die Taufe ist das Grunddatum unserer religiö-sen Biografie, sagt Heide Liebold. Vielleicht erklärt dies den Wunsch vieler Gemeindeglieder, die Taufe, auch die eigene Taufe, zu feiern. Aus diesem Grund gibt es in Wernigerode seit rund neun Jahren und in der halleschen Paulusgemeinde seit rund vier Jahren Tauferinnerungsgottesdienste. In Wernigerode sind alle Getauften der vergangenen Jahre eingeladen, ihre Kerze mitzubringen und zu entzünden. "Da flackern dann 50, 60 Kerzen auf dem Altar", schildert Heide Liebold. Die Menschen sehen dann ganz bildlich: Sie sind eine Gemeinschaft, sie gehören zu Gott.
In die Pauluskirche kommen zum Tauferinnerungsgottesdienst viele Menschen, die sonntags nicht regelmäßig den Gottesdienst besuchen. Die Taufe, so Christoph Eichert, macht Gottes vorbehaltlose Annahme deutlich. In einer Zeit, in der Leistung, Stärke und Geld zählen, ist das eine wichtige Kontrastbotschaft. Am eigenen Leib erfahren das die Menschen durch einen Einzelsegen oder durch Zeichen wie das Wasserkreuz auf der Stirn. Das Wasser erinnert an Jesu Taufe und Gottes Stimme: "Du bist mein lieber Sohn" – und es gilt für jeden von uns.
Katja Schmidtke 

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