Konjunktiv hat Konjunktur
Weihnachtsmärkte unter Druck

Adventsstimmung abgesagt: Der Striezelmarkt auf dem Altmarkt in Dresden mit der Frauenkirche im Hintergrund (ein Foto aus dem Jahr 2019). Auch in diesem Jahr wird es in Sachsen keine Weihnachtsmärkte geben.  | Foto: epd-bild/Jürgen Männel
  • Adventsstimmung abgesagt: Der Striezelmarkt auf dem Altmarkt in Dresden mit der Frauenkirche im Hintergrund (ein Foto aus dem Jahr 2019). Auch in diesem Jahr wird es in Sachsen keine Weihnachtsmärkte geben.
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Könnte stattfinden, soll eröffnet werden … – sicher ist nichts. Obwohl die Corona-Schutzverordnungen mitunter Märkte erlauben, werden sie vielerorts wie in Sachsen abgesagt.

Von Christoph Arens

Man kann sich doch nicht vorstellen, dass man auf dem Weihnachtsmarkt steht, Glüh-wein trinkt, und in den Krankenhäusern ist alles am Ende, und man kämpft um die letzten Ressourcen", sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) dem TV-Sender "ntv". Die sächsische Landesregierung hat reagiert: Am 19. November wurden die Weihnachtsmärkte in Sachsen aufgrund der hohen Infektionsfälle auch in diesem Jahr abgesagt. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe wollte sich die Thüringer Landesregierung der sächsischen Verordnung anschließen.

Dabei sah es lange nach mehr Normalität aus als 2020, als die Märkte weithin ausfielen. In einer Zeit, wo viele Menschen geimpft und Tests angeboten werden, schien vieles möglich. Vielerorts sind erste Buden bereits aufgebaut; mancherorts öffnen die Märkte sogar schon Mitte November. Die Veranstalter setzen auf die 2G- oder 3G-Regel oder haben Einbahnstraßen-Systeme entwickelt. Glühwein, Bratwurst und Krippenspiele sollen mit Masken und Abstand zu genießen sein.

Das Problem: Die Corona-Zahlen sind derzeit höher als im vergangenen Pandemie-Winter. Die vierte Welle treffe Deutschland mit voller Wucht, sagte der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler. Das Institut rät "dringend dazu, größere Veranstaltungen möglichst abzusagen oder zu meiden".

3000 Weihnachtsmärkte von Flensburg bis Garmisch

Eine schwierige Entscheidung für die fast 3000 Weihnachtsmärkte. Von der Absage aller Weihnachtsmärkte in Bayern ist auch der weltberühmte Christkindlesmarkt in Nürnberg betroffen. Hier hatte man bis zuletzt gehofft, den Traditionsmarkt abhalten zu können.

Besonders hart trifft es die Schausteller: Durch die Pandemie sind ihnen die Einnahmen weitgehend weggebrochen. Im Oktober warnte der Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, Albert Ritter, viele stünden mit "dem Rücken an der Wand", hätten ihre Lebensversicherungen aufgelöst oder Altersrücklagen aufgebraucht.

Auch die "von der Verödung bedrohten Innenstädte" bräuchten dringend die vorweihnachtlichen Attraktionen, fügte Ritter hinzu. Die Menschen sehnten sich nach Gemeinschaftserlebnissen. Ritter warnte vor allzu strikten Auflagen. "In Fußgängerzonen herrscht keine Maskenpflicht, deshalb sollte das auf einem Weihnachtsmarkt auch nicht gelten", sagte er. Den Bruttoumsatz bei Weihnachtsmärkten schätzt der Verband auf 2,9 Milliarden Euro pro Jahr.

Dabei waren die Weihnachtsmärkte schon in den vergangenen Jahren schwer gebeutelt: Spätestens seit dem Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz 2016 verwandelten sich die Märkte in Festungen mit Betonsperren und vermehrtem Einsatz von Sicherheitspersonal. Gebremste Gemütlichkeit. 2018 gab es einen weiteren Anschlag auf den Straßburger Weihnachtsmarkt; 2017 wurden Pläne von Islamisten für einen Anschlag auf den Essener Weihnachtsmarkt aufgedeckt. Trotz allem: Die Besucherzahlen blieben hoch. Nach Schätzungen wurden Weihnachtsmärkte jährlich von 160 Millionen Menschen besucht.

Vorweihnachtliche Adventsmärkte gibt es seit dem späten Mittelalter. Im 14. Jahrhundert kam der Brauch auf, Spielzeugmachern, Korbflechtern oder Zuckerbäckern zu erlauben, Verkaufsstände für Dinge zu errichten, die die Kinder zu Weihnachten geschenkt bekamen. 1310 wurde ein Nikolausmarkt in München erstmals urkundlich erwähnt, 1434 der Dresdener Striezelmarkt. Der Nürnberger Christkindlesmarkt lässt sich bis Mitte des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen.

Aus Weihnachten wurde X-Mas

"Der Weihnachtsmarkt ist zum Massenphänomen geworden, dem man kaum mehr entrinnen kann", beschreibt der Regensburger Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder den Boom, der in den 60er-Jahren begann. Dabei haben sich die Märkte deutlich verändert: Sie wurden lauter, bunter und globalisierter. "Die Krippe steht neben dem Rentier und der Apres-Ski-Hütte", sagt der Wissenschaftler. Aus Weihnachten wurde erst Christmas, dann X-Mas.

(kna, red)

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Online-Redaktion

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