Kommentar
Krieg mich

Von Nikolaus Huhn

Jagt ihm nach!, bittet uns die Jahreslosung. Das klingt, als ob der Friede ein scheues Reh ist oder kokett mit uns Haschmich spielt. Krieg mich doch!, sagt der Frieden. Und genau so scheint es zu sein: Wenn in der wechselvollen Menschheitsgeschichte der totale Frieden in Aussicht gestellt wurde, war er auch schon wieder um die Ecke. Und seit von den Schreckenspartnern in Ost und West gemeinsam der atomare Schutzschirm aufgespannt wurde, zeigt sich, dass wir darunter bisher recht trocken blieben. Die Länder am Rande dieses Schirms aber gerieten als Truppenübungsplätze für Stellvertreterkriege und als Stiftung Warentest der Rüstungsindustrie vom Regen in die Traufe.
Reden und Denken in Kategorien des Krieges wird wieder salonfähig. Das Entsetzen der Generation, die dem Krieg noch ins starre Auge geblickt hat, weicht einer Haltung, die freundlich mit »Globale Verantwortung übernehmen« und »Vernunft« bezeichnet wird. Dass dabei das Grundgesetz und die UN Aggressions-Resolution mal eben unterflogen werden, drücken wir beiläufig in den Skat.
Und wir Gutmenschen? Sind natürlich voll für den Frieden. Keine Frage. Der Eine eher mit Waffen. Der Kolumnist eher ohne. Das Dumme ist nur, dass wir uns am Lagerfeuer der Räuberbande wärmen, uns reichlich vom geklauten Braten schneiden und mit schmalztriefendem Mund feurige Reden gegen das Rauben schwingen.
Wie arm wir wären, wenn wir auf die – militärisch abgesicherte – Teilhabe an der imperialen Ausbeutung von Ressourcen und Menschen verzichteten, wollen wir nicht wirklich wissen. Unser anspruchsvoller Auftrag als Christen aber ist – ich hab’s mir nicht ausgedacht – unsere Feinde zu lieben. Wie wir das mit vorgehaltener Waffe hinbekommen, ist manchmal schwer vermittelbar.

Autor:

Online-Redaktion

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