Kommentar zum Wort des Rates der EKD
Kirchliches Umdenken

Politik trifft Glaube: André Demut ist seit 2021 Beauftragter der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung. | Foto: Matthias Frank Schmidt
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Die Probleme unserer Zeit sind nicht leicht zu lösen. Viele Menschen fühlen sich verunsichert. Populistische Politik schürt die Ängste noch, um das Vertrauen in die Demokratie zu zerstören. Die Evangelische Kirche in Deutschland wirbt deshalb mit einem Wort des Rates um eine Haltung der abwägenden Vernunft, um mitfühlendes statt belehrendes Miteinander sowie um die Bereitschaft, auch sich selbst immer wieder zu hinterfragen. Dazu ein Meinungsbeitrag vom Beauftragter der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung in Thüringen.

Von André Demut

Kennen Sie das Phänomen des „eskalierenden Engagements“? Jemand hält an einer Strategie auch dann fest, wenn diese sich als wirkungslos erwiesen hat. Damit nicht genug: Man will lange nicht wahrhaben, dass die eingeschlagene Richtung falsch war und verdoppelt die bisherigen Anstrengungen. Die Folge: Das Engagement eskaliert, ohne dass sich der gewünschte Effekt einstellt.

Im Gegenteil, es lauert eine Falle. Da schon so viel in die bisherigen Anstrengungen investiert wurde, fällt es schwer, das Scheitern einzugestehen und es noch einmal anders zu versuchen.

Diese kognitive Verzerrung des eskalierenden Engagements fällt mir ein, wenn ich über die kirchliche Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus seit dem Jahr 2013 nachdenke. Damals betrat in Deutschland eine Partei die Bühne des Parteienwettbewerbs, deren Zustimmungswerte seitdem bei jeder Wahl immer weiter stiegen.

„Mit denen reden wir nicht, wir bieten den Nationalisten keine Bühne.“ Es gab (fast) keine kirchlich verantwortete Podien mit Politikern dieser Partei. Wir weigerten uns beharrlich, Formate öffentlicher Debatten mit denen zu wagen, die inzwischen ein Fünftel aller Wählerinnen und Wähler bundesweit repräsentieren.

Hintergrund

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Der Verfassungsschutz begründet das mit «der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert extremistische Bestrebung».

Das sind die Folgen

Mit der neuen Bewertung wird nun die gesamte Partei als verfassungsfeindlich eingestuft. Bisher hatten die Behörden nur die Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt entsprechend bewertet. Auf Bundesebene galt die AfD bislang lediglich als rechtsextremer «Verdachtsfall». (epd)

Bis vor kurzem wurde dieses Stigmatisierungs-Engagement immer weiter gesteigert, um nicht zu sagen „eskaliert“. Der vorläufige Höhepunkt war die namentliche Warnung vor dieser Partei in kirchlichen Wahlaufrufen vor den ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst 2024.

Ich finde es bemerkenswert, dass der Rat der EKD im März 2025 einen Text veröffentlicht hat, der erkennbar diese Eskalation abbricht und für dasselbe Anliegen etwas Neues probiert.

Wort des Rates der EKD

"Christliche Perspektiven für unser gesellschaftliches und politisches Miteinander"

Die Evangelische Kirche in Deutschland wirbt in fünf Thesen um eine Haltung der Vernunft, des Mitgefühls und der Selbstreflexion. Sie setzen nach dem Vorbild Jesu auf Miteinander statt Spaltung, auf Kompromissbereitschaft und den „Mut zum offenen Wort“.

Das Wort des Rates kann hier kostenfrei heruntergeladen werden >>>

Die Klarheit hat mich positiv überrascht, mit der hier ein Strategiewechsel für die Auseinandersetzung umrissen wird. Erste Beobachtung: In dem Text wird gar keine Partei beim Namen genannt. Vom Evangelium her wird inhaltlich markiert, um was es geht. Und statt einer eindimensionalen Abgrenzung wird für einen Strategie-Mix geworben.

Es geht um Beides: Um eine vom Evangelium inspirierte Auseinandersetzung mit den menschenverachtenden Botschaften des Populismus einerseits und andererseits, solange es irgend geht, sollten wir mit allen (!) Menschen im Gespräch bleiben, hinhören, und selbstkritisch die eigenen blinden Flecken bei der politischen Urteilsbildung reflektieren! Das ist anstrengend, aber notwendig in einer freiheitlichen Demokratie:

"Der Mut zum offenen Wort, nicht in abgrenzendes Schweigen zu fallen, sondern über alles nach Möglichkeit mit allen reden zu können, ist ein weiteres Kennzeichen christlicher Haltung. Diese Haltung kommt gerade auch Austausch mit Menschen und Gruppierungen zum Zuge, die vollkommen anders denken und urteilen als ich selbst. Der Mut zum offenen Wort hält dabei auch den harten Konflikt aus. Mehr noch: Er fordert, in den Konflikt zu gehen, auch in das politische Konfliktgespräch und in die schwierige Auseinandersetzung."

Politik trifft Glaube: André Demut ist seit 2021 Beauftragter der Evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung. | Foto: Matthias Frank Schmidt
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