Freitag vor 1
Zwischen Werra, Dumme und Gera

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In meiner Kindheit lernte ich früh das Schwimmen, erst im Lehrschwimmbecken im Schulkeller, dann im Sommer in der Flussbadeanstalt, um dann in der zweiten Klasse stolz die "1. Stufe" zu machen, wie das Seepferdchen damals noch recht unromantisch hieß. Nach den Wasser-Adern in der Bibel habe ich dann viel später gesucht, um sie als Lebensschwimmhilfe zu nutzen.
Von Uwe Kraus
Biese oder Fuchsbau? Es war in meiner Kindheit und frühen Jugend eine Gretchen-Frage, in welches Bad wir im Sommer radelten. Im Norden der EKM führt ein 97 Kilometer langer Fluss gleich drei Namen. Milde, Biese und Aland sind die Namen von Ober-, Mittel- bzw. Unterlauf des Gewässers, das drei Kilometer nach dem Verlassen des Bundeslandes in die Elbe mündet. Die Milde entspringt bei Letzlingen und nähert sich über Gardelegen und Kalbe dem namensgebenden Örtchen Beese, von wo an der Name Biese geführt wird. Über Osterburg, wo die aus Stendal kommende Uchte zufließt, kommt der Fluss nach Seehausen und dann zum letzten Namenswechsel in Aland.
Unsere Entscheidung zwischen der legendären Flussbadeanstalt und dem Waldbad mit dem Dreimeter-Brett fiel je nach Zeit, Finanz- oder Wetterlage und wo die gerade angesagten Schulkameradinnen ihre Sonnendecken ausgebreitet haben.
Im diesjährigen Rest-Sommer laden nicht nur Eis- und Pommes-Bude zum Besuch ein. Die Sommerzeit wird für Kirchengemeinden der Landeskirche Anhalts und in den Kirchenkreisen der EKM auch eine Zeit für Tauffeste an Flüssen, Talsperren und im Wald. Der Evangelische Gemeindeverbund ACT (Auferstehung-Christus-Trinitatis) tauft so zwei Kleinkinder und drei Jugendliche nach urchristlicher Tradition in der Elbe bei Dessau. Als besonderes Highlight gibt es an der Gera im Luisenpark in Erfurt für alle 17 getauften Gäste eine Tauferinnerungsstation mit dem Landesbischof. Aber auch an der Dumme in der Altmark, einem Nebenarm der Jeetze bei Tylsen, und in Südthüringen wird an den kommenden Wochenende getauft: Unter freiem Himmel, umgeben von den großen Bäumen des Meininger Schlossparks, wird das lebendige Wasser für die Taufe aus der Werra geholt.
Das Wasser fließt mit viel Lebendigkeit über die Seiten der Bibel: 517mal kommt das Wort in der Lutherbibel vor, das Wort «Quelle» wird immerhin 34mal gezählt. Wer kennt ihn nicht, den Vergleich zwischen einer sprudelnden Quelle und Gott selbst. In der Bibel ist Wasser zuerst Quelle des Lebens. Der Strom, der Eden entspringt, hat schöpferische Kraft – so im Buch Genesis. Das Wasser aus dem Felsen rettet das Volk Israel in der Wüste, lesen wir im Buch Exodus. Gleichzeitig lebensgefährdende Chaos-Macht des Wassers zeigt sich in den Überschwemmungskatastrophen der Sintflutgeschichten. Schnell offenbart aber das eben noch dahinplätschernde H2O seine dunklen Seiten. Schwimmhilfen müssen her, zum Aufblasen oder in Form von Gottes Wort.
Sonst kommen wir in wahrsten Wortsinne ins Schwimmen. Ich muss dabei immer wieder an den alten, tief gebräunten Schwimmmeister denken, der uns in der Kindheit mit seinen Trillerpfeifen-Signalen disziplinierte und bei Schwimmkurs recht rabiat ins Becken brachte. Die traurigen Schlagzeiten des Sommers sagen uns aber, wie gut es war, Brust-, Kraul- und Rücken-Schwimmen zu beherrschen.
Unterdessen lernten Kinder das Schwimmen meist nur, wenn die Eltern einen besonderen Wert darauf legen, sagt die Lebensrettungsgesellschaft. Kinder aus wohlhabenderen Familien werde es eher beigebracht, weil es dort häufig eine gewisse Familientradition hat. Dabei sei es weniger eine Geldfrage, weil die Eintrittspreise subventioniert werden. In vielen Familien mit niedrigem Einkommen gehe Schwimmen als Kulturtechnik verloren, weil es nicht als lebensnotwendig betrachtet wird.
Unsere aktuelle Ausgabe von „Glaube+Heimat“ kommt immer wieder auf den Gänsewein zurück: auf der Literarischen Flussfahrt rund um Dessau, bei der Rebenpflege für köstlichen Wein zwischen Meißen und Radebeul, wenn Dorothea Leischnig beim Ernteeinsatz in der Negev-Wüste unterstützt oder Händels Wassermusik erklingen soll.
So soll unsere Kirchenzeitung nicht nur Gottes Wort vermitteln, sondern sie verleiht im übertragenen Sinne auch Schwimmflügel.
Unsere Themen:
- Die Gebärdensprache ist die Muttersprache von Sabine Franz, die als Kind gehörloser Eltern aufwuchs.
- Deutschlands ältester Polizeiseelsorger wurde auch gerufen, wenn Badeunfälle Eltern und die Retter schockten.

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Autor:Uwe Kraus |
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