Zum Tod von Georg Christoph Biller
Kantor in großer Tradition

Foto: Foto: epd-bild/Jens Schulze

Schon mit knapp zehn Jahren kam Georg Christoph Biller zum Thomanerchor Leipzig, später leitete er ihn fast 23 Jahre lang. Mit dem modernen Bildungscampus hinterlässt Biller nach seinem Tod ein besonderes Vermächtnis.

Von Thomas Bickelhaupt

Sein Name ist untrennbar verbunden mit der jüngsten Leipziger Musikgeschichte: Über Jahrzehnte hat Georg Christoph Biller mit dem Thomanerchor die älteste Kulturinstitution der Stadt maßgeblich geprägt. Die Nachricht vom Tod des Ex-Thomaskantors hat weit über die Kirchenmusikerszene hinaus Betroffenheit und Anteilnahme ausgelöst.

Die Stadt Leipzig würdigte Georg Christoph Biller, der am Donnerstag im Alter von 66 Jahren gestorben war, als «Ausnahmemusiker», der den Thomanerchor «erfolgreich aus der Nachwendezeit ins neue Jahrtausend geführt» habe. Von 1992 bis 2015 war Biller der 16. Amtsnachfolger des Barockkomponisten Johann Sebastian Bach (1685-1750).

Dessen Werk fühlte sich Biller in besonderer Weise verpflichtet.
Doch für ihn gehörten zur großen Tradition des Chores die gregorianischen Anfänge der geistlichen Chormusik ebenso wie Chorwerke von zeitgenössischen Komponisten. Dieses Spannungsfeld konnte er in besonderer Weise zum 800. Gründungsjubiläum des Chores im Jahr 2012 ausgestalten.

Einst war Biller selbst unter Thomanern groß geworden. Als er im September 1965 mit knapp zehn Jahren aus dem wohlbehüteten Pfarrhaus von Nebra an der Unstrut in die Leipziger Chorgemeinschaft kam, sah er sich zunächst am Ziel seiner Wünsche. Doch von Anfang an quälte ihn starkes Heimweh. Dagegen habe damals nur die «Faszination» des gemeinsamen Singens geholfen, erinnerte er sich sehr viel später.

Diese persönliche Erfahrung war für ihn im Alltagsgeschäft mit den Thomanern zweifellos von Vorteil. Gleichwohl forderte er von jedem Einzelnen stets Disziplin und Qualität, wobei er immer auch vor überzogenem Selbstbewusstsein warnte: «Wir machen etwas Besonderes, aber wir sind nichts Besonderes», lautete sein künstlerisches Credo.

In gewisser Weise war von dieser Haltung auch sein künstlerischer Werdegang geprägt, vom Studium des Orchesterdirigierens bei Kurt Masur (1927-2015) über vielfältige Konzerterfahrungen als gefragter Gesangssolist bis zur Leitung des Leipziger Gewandhauschores. Als Thomaskantor hinterließ er mit dem «forum thomanum» ein besonderes Vermächtnis.

Den modernen Bildungscampus brachte er gegen vielfältige Widerstände in der Stadt letztlich erfolgreich auf den Weg. Als Biller dann Anfang 2015 plötzlich sein Amt niederlegte, war die Überraschung groß. Doch seine gesundheitliche Situation ließ ihm keine andere Wahl. Ausschlaggebend waren wiederholte Depressionen und eine davon unabhängige neurologische Erkrankung mit Störungen des Gleichgewichts und der Sprache.

Die Jahre seit seinem Rücktritt erlebte er nach eigenem Bekunden «als Mischung aus Dankbarkeit und Gelassenheit». Die Arbeit mit den Thomanern habe viel Einsatz und «mitunter auch große Anstrengungen» bedeutet, «aber auch immer wieder Erfüllung durch musikalische Glücksmomente».

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Online-Redaktion

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