Nachgefragt
Der Kirchen-Lobbyist

Prälat Martin Dutzmann | Foto: epd-bild/Hans Scherhaufer
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Martin Dutzmann hat die Interessen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin und Brüssel vertreten. Außerdem war er als Seelsorger für Politiker tätig. Nun wird der EKD-Bevollmächtigte in den Ruhestand verabschiedet. Corinna Buschow hat mit dem Prälaten gesprochen.

Sie vertreten die Interessen der EKD gegenüber der Politik. Verstehen Sie sich als Lobbyist?
Martin Dutzmann: Ja, wobei eine Unterscheidung wichtig ist: Es geht in diesem Amt in erster Linie um politische Einflussnahme im Interesse anderer. Der Lobbyismus in eigener Sache, also für die Institution Kirche, ist wichtig, aber zweitrangig. Lobbyismus ist grundsätzlich nicht verwerflich, sondern gehört zu einer lebendigen Demokratie. Es muss nur transparent sein, wer auf wen in welcher Sache Einfluss nimmt.

Ist Lobbyismus für die Kirche ein schwieriges Geschäft?
Das habe ich so nicht erlebt, halte es aber nicht für ausgeschlossen, dass die Zeiten schwieriger werden. In den fast neun Jahren als Bevollmächtigter habe ich sowohl in Brüssel als auch in Berlin viel Offenheit für unsere Anliegen erlebt. Wir haben auch finanzielle Unterstützung bekommen, etwa für das Reformationsjubiläum 2017 und für Baumaßnahmen in Jerusalem, außerdem EU-Fördergelder. Dass wir im Bundestag regelmäßige Andachten halten können, steht aus meiner Sicht auch für eine grundsätzliche Offenheit.

Daran hat sich auch unter der Ampel-Regierung nichts geändert?
Ich kann bislang keine Änderungen erkennen. Zwar hat die Hälfte der Mitglieder des aktuellen Kabinetts den Amtseid ohne religiösen Zusatz gesprochen. Aber das bildet eben auch die Situation in der Bevölkerung ab: Es gibt nur noch knapp 50 Prozent kirchengebundene Christen in Deutschland. Dennoch erlebe ich auch bei nicht kirchlich gebundenen Politikerinnen und Politikern eine große Aufgeschlossenheit uns Kirchenvertretern gegenüber.
Was bedeutet es für Ihre Arbeit, wenn es in der Kirche verschiedene Auffassungen zu Waffenlieferungen an die Ukraine gibt?

Der Rat der EKD hat eine klare Haltung, was das Recht auf Selbstverteidigung der Ukraine angeht. Das gilt auch für den Zusammenschluss der Landeskirchen, mit wenigen Ausnahmen. Es sind einzelne Personen, die sich anders äußern.

… immerhin der Friedensbeauftragte!
Was auch sein Recht hat. Letztendlich bleibt uns Christen die Gewaltlosigkeit aufgegeben. Nur ist es in der derzeitigen Situation keine Lösung, keine Waffen zu liefern, weil sonst die Unterdrückung eines Landes droht. Für diese Position gibt es großen Rückhalt in der EKD. Deswegen kann ich das in Berlin und in Brüssel gut vertreten.

Bei welchem Thema war es denn schwieriger für Sie?
Beim Thema assistierter Suizid hat es eine Weile gedauert, bis die Lage klar war. Inzwischen gibt es aber einen Konsens, der im Kern lautet, dass der assistierte Suizid nur eine absolute Ausnahme bleiben darf. Es ist eine gute Grundeigenschaft des Protestantismus, vielstimmig zu sein. An einem bestimmten Punkt muss man aber auch an einem Strang ziehen.

(epd)

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Online-Redaktion

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