Kommentar
Advent ist O-Zeit

Von Gerd-M. Hoeffchen

O Tannenbaum! Fällt Ihnen etwas auf? Sie haben gerade das kürzeste Wort deutscher Sprache gelesen. O. Ein Buchstabe. Rekordhalter sprachlicher Selbstbeschränkung. Die Advents- und Weihnachtszeit wimmelt davon: O du fröhliche! O Heiland, reiß die Himmel auf! Mit Ernst, o Menschenkinder! Und natürlich: Gottes Sohn, o wie lacht! Advent ist quasi O-Zeit. Insgesamt aber ist das einsame »O!« auf dem Rückzug. Kaum jemand gebraucht es noch im Alltag. Es wird verdrängt vom … »Oh!«. Ein »h« mehr. Das fällt kaum jemandem auf. Selbst die Gebildeten im Land nehmen den Unterschied meist nicht mehr wahr.
O oder Oh? Beides sind Ausrufe, so genannte Interjektionen. Beide ziehen ein Ausrufezeichen nach sich. Aber das eine (O!) ist eine Anrufung (Vokativ). Das andere (Oh!) Ausdruck des Erstaunens, der Überraschung; mit Komma vom folgenden Wort getrennt. Und da wird’s kniffelig. O Gott! Oder: Oh, Gott! Beides möglich. Beim Ersten redet man Gott selbst an. Beim Zweiten – nun, möglicherweise auch. Aber irgendwie anders. Nicht so direkt.
Helfen kann die Betonung: Bei »o Gott« vorne immer unbetont, bei »oh, Gott« betont. Und mit Pause. O weh. (Oder: Oh weh?) Selbst der Duden hat mittlerweile aufgegeben und macht beides möglich.
Wir dagegen halten fest: O Tannenbaum! Dann singen wir den Baum an: Du toller Tannenbaum, du! Sieht dagegen ein Kind zum ersten Mal so ein Riesending in der Kirche stehen, ruft es überwältigt und entzückt: Oh, (was für ein toller) Tannenbaum!
O, oh. Dass uns das mal nicht ablenkt, wenn wir demnächst wieder Adventslieder singen.

Der Gastkommentator ist Chefredakteur der Evangelischen Wochenzeitung »Unsere Kirche«. Bielefeld.

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