Jerusalemer Benediktiner ausgezeichnet
"Wer eine Seele rettet, rettet die ganze Welt"

Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg 
 | Foto: epd-bild / Debbie Hill
  • Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg
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Vier Muslime, die Juden retten und eine Jüdin, die am katholisch-jüdischen Dialog in schwierigsten Zeiten festhält: Am Sonntag wurde ihnen der "Mount Zion Award" der Jerusalemer Benediktiner verliehen.

Von Andrea Krogmann

Eine jüdische Historikerin und vier Beduinen sind die Preisträger des diesjährigen "Mount Zion Awards", der am Sonntag an der deutschsprachigen Jerusalemer Benediktinerabtei Dormitio verliehen wurde. Karma Ben-Johanan habe "ganz aktuell den katholisch-jüdischen Dialog vom Schlaf" erweckt, sagte der Abt des Klosters, Nikodemus Schnabel, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Ismail, Rafi, Chamad und Dahesch Alkrenawi seien als "größte zivile Lebensretter" im Zusammenhang mit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel ausgezeichnet worden.

Die Cousins Alkrenawi fuhren am 7. Oktober zum Gelände des Nova-Musikfestivals nahe dem südisraelischen Kibbuz Re'im, um ihren Cousin Hischam in Sicherheit zu bringen. Dabei retteten sie rund 40 Israelis das Leben, indem sie sie aus dem Gebiet evakuierten. Terroristen der Hamas ermordeten am 7. Oktober rund 400 Festivalbesucher und verschleppten Dutzende weitere als Geiseln in den Gazastreifen.

Der 7. Oktober 2023 habe den Antisemitismus verstärkt und Dialoginitiativen zum Erliegen gebracht, so die Dormitio-Abtei. Der Hamasangriff sei "ein Erdbeben für jüdische Gemeinden auf der ganzen Welt" gewesen, sagte Karma Ben-Johanan in einem früheren Interview der KNA. Die jüdische Denkerin, die Religionswissenschaften an der Hebräischen Universität Jerusalem lehrt, wandte sich kurz nach dem Massaker mit einem Offenen Brief an den inzwischen verstorbenen Papst Franziskus. Darin erinnert sie an das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das mit der Erklärung "Nostra aetate" das gemeinsame spirituelle Erbe von Juden und Christen betont habe. Die seither gewachsene Freundschaft müsse gestärkt werden.

"Religion muss Teil der Lösung sein"

Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow zeigte sich in seiner Laudatio beeindruckt von dem Mut der vier Alkrenawi-Cousins, die bei dem Hamasangriff nicht weggeschaut hätten, sondern unter Einsatz ihres Lebens viele Menschenleben gerettet hätten. Es sei ihm wichtig mit Deutlichkeit daran zu erinnern, dass "auch Beduinen das gleiche Staatsbürgerrecht wie alle" in Israel haben. Allen fünf Preisträgern sei gemein, so der Sprecher für Religionspolitik der Linken im Bundestag, dass sie Religionen aufeinander zubewegten, statt sie zu trennen.

"Religion darf nie Teil des Problems sein. Religion muss Teil der Lösung sein", so Ramelow. Religion dürfe nie Begründung für Kriege oder Gewalt sein, sagte er und verwies ausdrücklich auf den Ukrainekrieg, islamistischen Terror und die Gewalt der neuen syrischen Machthaber gegen Drusen und andere Minderheiten. Wenn es gelänge, dass alle sich daran erinnerten, dass sie "Kinder Abrahams" seien, könne es Religion auch und gerade in Jerusalem gelingen, sich über das Trennende hinweg als Gemeinschaft zu begreifen.

Wer eine Seele rettet, rettet die ganze Welt

Nicht die Todesgefahr, in der sie sich zweifelsohne befunden hätten, habe bei ihrer Entscheidung im Vordergrund gestanden, sondern der Gedanke daran, dass das Leben der anderen nicht weniger wert sei als das eigene, so die Beduinen. "Wir haben alles in unserer Macht Stehende getan und an dem Tag 40, vielleicht mehr Menschen gerettet", so die Cousins. In der beduinischen Kultur heiße es, wer eine Seele rette, rette die ganze Welt.

Als sie die Konzilserklärung "Nostra aetate", die Papst Paul VI. vor genau 60 Jahren, am 28. Oktober 1965, verkündete, vor rund 15 Jahren für sich entdeckte, ohne die ihre Arbeit nicht möglich gewesen wäre, sei dies eine "Ära des Dialogs", der Hoffnung und der Gedanken an Frieden gewesen, so Karma Ben-Johanan in ihrer Dankesrede. Jetzt breche diese Welt auseinander, weshalb der Dialog gerade in der gegenwärtigen Zeit so wichtig sei, auch wenn er "sehr hart und sehr schmerzhaft" sein könne.

30.000 Franken Preisgeld

Mit dem "Mount Zion Award" ehren das Institut für Jüdisch-Christliche Forschung der Universität Luzern und die Dormitio-Abtei in Jerusalem seit 1987 alle zwei Jahre das Engagement für den Dialog zwischen Juden, Christen und Muslimen im Heiligen Land. Stifter ist der 1996 gestorbene Essener Priester Wilhelm Salberg, der sein Erbe der in Luzern ansässigen Mount Zion Foundation vermachte. Ort der Verleihung ist die deutsche Benediktinerabtei Dormitio auf dem Jerusalemer Zionsberg. Der Preis ist in diesem Jahr mit zwei Mal 15.000 Franken (je 16.200 Euro) dotiert.

Zu den früheren Preisträgern gehören der Autor Amos Oz, Rabbiner David Rosen sowie postum der 24 Jahre alte Muslim Omri Dschadah, der bei der Rettung eines jüdischen Jungen vor dem Ertrinken selbst ums Leben kam.

kna

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