Folge 13 – 1950 und 1951
Der "Eiserne Vorhang" zerschneidet ein Volk

Die evangelische Kirche feiert 1950 zum 200. Todestag von Johann Sebastian Bach ein großes Jubiläumsjahr, das sich auch in der Kirchenzeitung niederschlägt.

Von Dietlind Steinhöfel

Die katholische Kirche ruft ein "Heiliges Jahr" aus. Rom-Pilger müssen bestimmte Pforten passieren oder vorgeschriebene Gebete sprechen, um einen vollkommenen Ablass zu bekommen. Gerade der Ablass war einer der Auslöser zum Trennenden der Kirche. Doch es gibt auch zarte Annäherung zwischen Katholiken und Evangelischen. 1951 berichtet die Kirchenzeitung: "Die beiden Konfessionen wagen es, sich gegenseitig anzusehen, Gemeinsames zu suchen und miteinander zu sprechen." Offiziell seien solche Gespräche allerdings noch untersagt. Jedoch erlaubt der Vatikan 1950, "besonders qualifizierten Geistlichen", an Gesprächen mit protestantischen Theologen teilzunehmen.

Ein ganz großes Thema ist in diesen beiden Jahren die Teilung Deutschlands und damit verbunden die Friedensfrage. Immer wieder warnen die Kirchen – ob die Landeskirchen, die Evangelische Kirche in Deutschland, das Weltluthertum – vor einem erneuten Krieg durch die Spaltung in Ost und West. Immer wieder wird über die Ächtung von Atom- und Massenvernichtungswaffen geschrieben und aufgerufen, für den Frieden zu beten. "Der Krieg steht im Gegensatz zu Gottes Willen", heißt es. Oder: "Für den Christen ist jeder Krieg ein Bruderkrieg." In Korea stehen sich 1950 erstmals die beiden Lager Ost und West gegenüber. Die Kirche bemüht sich um eine Wiedervereinigung Deutschlands und appelliert an die Politiker beider Regierungen. "Der ›Eiserne Vorhang‹ zerschneidet den Leib unseres Volkes", schreibt die Kirchenzeitung. Der Vorsitzende des Rates der EKD, Otto Dibelius, trifft sich in dieser Angelegenheit sowohl mit Bundeskanzler Konrad Adenauer als auch mit dem DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl. Die evangelischen Landeskirchen Ost und West sind weiterhin in der EKD vereint. "Zonengrenzen sind keine Kirchengrenzen", wird betont.

Im Juli 1951 wird in Berlin ein großer Kirchentag unter der Losung "Wir sind doch Brüder" gefeiert. Am Abschlussgottesdienst nahmen 200 000 Gläubige teil. Sämtliche Veranstaltungen seien überfüllt gewesen, berichtet "Glaube und Heimat".
Ein weiteres wichtiges Thema ist das Verhältnis zu Israel und den Juden. Für den Wiederaufbau zerstörter Synagogen übergibt der Berliner Propst Heinrich Grüber eine Spende der evangelischen Kirche. Nur im Zusammengehen der Konfessionen könne der Hass überwunden werden, dankte der Vorsitzender der jüdischen Gemeinden, Heinz Galinski. Alle seien Kinder Gottes.
Demgegenüber steht ein Bericht des Schriftstellers Schalom Ben Chorin von 1951, der die Situation in Israel wiedergibt. Danach lehnt die jüdische Bevölkerung Israels Deutschland ab. Sie vergessen die Taten Hitlers und die Vernichtung von sechs Millionen Juden nicht. Es gebe keine politische Partei, die für diplomatische Beziehungen mit Deutschland eintritt.
 

Fundstücke
Zitat: "Politik ist in ihrem letzten Grunde eine theologische Angelegenheit", wird der hannoversche Landesbischof Hanns Lilje zitiert.
Vorhaben: In einer Notiz steht, dass die Frauenkirche in Dresden als Symbol der evangelischen Christenheit wieder aufgebaut werden soll. Sie war 1945 völlig zerstört worden. Mit dem Aufbau wurde erst 1993 begonnen.
Bildung: Ab 1950 werden im Katechetenseminar in Eisenach Kantorkatecheten ausgebildet. In Neudietendorf entsteht das Patoralkolleg der Thüringer Kirche.
§ 218: Der Zentralausschuss für Innere Mission in Schwanenwerder tritt dafür ein, dass evangelische Krankenhäuser nur noch bei medizinischer Indikation Schwangerschaftsabbrüche durchführen dürfen, jedoch nicht bei sozialer. Dafür solle die kirchliche Mütterhilfe ausgebaut werden.
Glaube und Alltag: Die Kirchenzeitung begleitet die Bibellese mit kurzen Einführungen zu den dazugehörigen biblischen Büchern.

Autor:

Online-Redaktion

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