Krieg in der Ukraine
Tierheime werden zur Flüchtlingsunterkunft

Foto: epd-bild/Frank Schultze

Den kleinen Hund auf dem Arm, die Katze im Jutebeutel, den Vogel in der Box: Viele Flüchtlinge aus der Ukraine bringen auch ihre Haustiere mit. In Sammelunterkünften haben die Tiere jedoch oft keinen Zutritt.

Von Susanne Lohse 

Mit den geflüchteten Menschen aus der Ukraine kommen auch deren Haustiere nach Deutschland. In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Baden-Württemberg in Patrik-Henry-Village in Heidelberg kommen täglich mehrere Busse mit Flüchtlingen an. «Im Schnitt sind drei bis zehn Tiere dabei», sagte Iris Mathea dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Leiterin des Tierschutzvereins Heidelberg war in der vergangenen Woche 80 Stunden im Einsatz. 36 Tiere beherbergt sie im Tierheim Heidelberg, das in Trägerschaft des Tierschutzvereins ist. Nur noch zwei freie Plätze gebe es aktuell, sagte Mathea. Alle Tiere seien in den vergangenen Tagen aufgenommen worden.

Die Tierschützerin berichtet von kleinen Hunden auf dem Arm, Katzen, die im Jutebeutel saßen, Meerschweinchen im Schulranzen und Vögeln in einer Tupperbox mit Luftlöchern drin. «Die Menschen in den Bussen haben keinen Platz für Käfige», erklärt sie. 20 bis 30 Stunden Fahrt haben die Tiere mit ihren Bezugspersonen hinter sich.

In die Flüchtlingsunterkünfte dürfen die Tiere meist nicht mit hinein. So landen sie im Tierheim, das zu einer Art «Flüchtlingsheim für Tiere» auf unbestimmte Zeit wird. Sie gehen wieder, wenn ihre Besitzer eine private Unterkunft gefunden haben. Bis dahin sucht etwa das Tierheim Karlsruhe private Pflegestellen für die Tiere der Geflüchteten.

Da die Tiere jedoch oftmals nicht den erforderlichen Impfstatus für die Einreise in die Europäische Union haben, müssen sie zunächst isoliert gehalten werden. Während der Quarantäne dürfen sie keinen Kontakt zu anderen Tieren haben. In der Regel fehle der Tollwutschutz, sagt Mathea.

Wer ein ungeimpftes Tier bei sich aufnimmt, müsse sich im Klaren darüber sein, dass er sich selbst unter Umständen mit Tollwut infizieren könne, betont sie. Mathea weist auch darauf hin, dass die Besitzer der Tiere weiterhin Kontakt zu ihrem «Familienmitglied» pflegen wollten. «Das läuft über Whatsapp mit Übersetzungsprogramm», ist die Erfahrung der Tierschützerin.

Dass die Tiere ohne Heimtierpass einreisen dürfen, ist eine Ausnahme. «Mit Kriegsbeginn haben alle Anrainerstaaten der Ukraine sowie andere EU-Länder wie Deutschland oder die Niederlande ihre Einreisebedingungen für Ukrainer gelockert», erklärt Sarah Ross. Die Heimtierexpertin bei der Tierschutzorganisation Vier Pfoten mit Deutschlandsitz in Hamburg spricht von einem «kompletten Chaos».

Kaum jemand wisse, welche Anlaufstellen es für die Tiere der Geflüchteten gebe, welche Voraussetzungen für die Quarantäne gelten und wohin mit den Tieren, wenn die Tierheime voll seien. Im Idealfall würden die Tiere beim Grenzübertritt gegen Tollwut geimpft und gechipt, also ihre Identität festgehalten, erklärt Ross.

Dass dies immer klappt, darf bezweifelt werden - auch, ob alle Tiere Krieg und Flucht gut überstanden haben. «Es gibt Studien, die belegen, dass Tiere genauso empfindlich auf Stress und laute Geräusche reagieren wie Menschen», verweist Ross auf die Angst der Tiere etwa beim Knall von Feuerwerkskörpern. Es wäre wichtig, dass sie bei ihren Besitzern bleiben könnten, betont die Tierexpertin. «Das stabilisiert Tier und Mensch», sagt sie. Die Spendenbereitschaft für Tierfutter sei groß, sagt sie. Fraglich sei aber, wo all die Tiere, die mit den nächsten Bussen ankommen werden, unterkommen.

Iris Mathea ist bereits wieder auf dem Weg ins Erstaufnahmezentrum - um Hunde, Katze und andere Haustiere in Empfang zu nehmen und zu impfen. «Das hat gerade erst angefangen», sagt sie und sucht zusammen mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe nach einer Lösung.

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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