Trennung hat sich bewährt

Gottes Segen: Vor 100 Jahren gab es einen Gottesdienst zum Beginn der Nationalversammlung in der Herderkirche. Am 6. Februar wird er ökumenisch gefeiert.  | Foto: Harald Krille
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Vor 100 Jahren tagte die verfassungsgebende Deutsche Nationalversammlung, das Parlament der Weimarer Republik, für sieben Monate im Nationaltheater der Klassikerstadt. Hier entstand die Reichsverfassung. Darüber sprach Willi Wild mit dem Weimarer Superintendenten Henrich Herbst.

Die Feierlichkeiten beginnen mit einem ökumenischen Gottesdienst. Gibt es dazu ein historisches Vorbild?
Herbst:
Solche Gottesdienste stehen in einer langen parlamentarischen Tradition. Die Reichstage des alten Reiches wurden mit einem Festhochamt eröffnet. 1871 bei der Reichsgründung fanden Gottesdienste im evangelischen Berliner Dom und in der katholischen St.-Hedwigs-Kathedrale statt.
An diese Tradition knüpfte man 1919 in Weimar an, als die evangelische Kirchengemeinde die evangelischen Abgeordneten der Nationalversammlung zu einem Gottesdienst aus Anlass der Eröffnung der Nationalversammlung in die Herderkirche einlud. Ein ökumenischer Gottesdienst war 1919 noch nicht möglich. Die katholischen Parlamentarier feierten eine Messe in der katholischen Pfarrkirche Herz Jesu. Den evangelischen Gottesdienst leitete der Stiftsprediger und spätere Weimarer Superintendent Friedrich Schmidt. Er legte den Abgeordneten Worte des Propheten Jeremia (Kapitel 29, Verse 11–14) aus. Der gleiche Bibeltext steht auch im Zentrum des ökumenischen Gottesdienstes am 6. Februar 2019. Ihm ist das Motto entnommen: »Zukunft – Hoffnung – Zuversicht«.

In der Weimarer Reichsverfassung geht es um die Trennung von Staat und Kirche. Stellen Sie mit dem ökumenischen Gottesdienst nicht wieder eine symbolische Verbindung her?
Herbst:
Diese Frage kann ich nachvollziehen. Heute geht es nicht um eine Verbindung von Staat und Kirche. Staat und Kirche sind getrennt und sehr verschieden, aber sie stehen in einer Beziehung zueinander. An diesem Tag geht es in der Bundesrepublik um Erinnerung und gleichzeitig auch um Vergewisserung darüber, welchen Weg wir in Zukunft gehen wollen. Darum wird es sicher auch in der Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Deutschen Nationaltheater gehen. Im Gottesdienst und durch unsere Gemeinschaft wollen wir allen, die es wünschen, einen zusätzlichen Raum anbieten. Da geht es um das Hören auf Gottes Wort, um Orientierung, um unser gemeinsames Gebet und um die Bitte um Gottes Segen. Anders als vor 100 Jahren feiern wir am 6. Februar, wie gesagt, ökumenisch. Wir haben Menschen anderer Religionen und Weltanschauungen eingeladen und um einen Friedensgruß gebeten.

Welchem Artikel aus der Weimarer Reichsverfassung messen Sie bis heute große Bedeutung bei?
Herbst:
»Staat und Kirche sind getrennt«. Das ist für mich bis heute der wichtigste Satz in diesem Zusammenhang, denn er schenkt der Kirche die Freiheit vor dem Zugriff des Staates und weist sie an ihren eigenen Auftrag.

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Online-Redaktion

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