Kirchenkreis Gotha
Mit Mühe und mancherlei Kosten

- Janine Reutermann spielt seit der Grundschulzeit im Apfelstädter Posaunenchor. Seit einigen Jahren leitet die 27-jährige Metallblasinstrumentenmachermeisterin ihn auch.
- Foto: Angelika Reiser-Fischer
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Sieben Tage lang sollen die Posaunen gespielt haben, dann stürzten die Mauern von Jericho ein. So steht es in der Bibel. Die Posaune hat einen besonderen Klang, kraftvoll und berührend. In Apfelstädt kann man das bestätigen. Der Posaunenchor der Kirchengemeinde feiert sein 100-jähriges Bestehen.
Von Angelika Reiser-Fischer
Trotz seines hohen Alters kommt der Posaunenchor von Apfelstädt sehr jugendlich daher: Die musikalischen Leiterin, Janine Reutermann, ist gerade 27 Jahre alt. Aufschluss über das hohe Jubiläum gab ein besonderer Fund. Im Turmknopf der St.-Petri-Kirche in Wandersleben fand sich unlängst eine Nachricht vom damaligen Pfarrer Ernst Weigelt aus dem Jahr 1931, in der es heißt: „1925 brachte der Pfarrer mit Mühe und mancherlei Kosten einen Posaunenchor zustande, der an den Festtagen die Gottesdienste verschönern hilft.“ Über alle Höhen und Tiefen hatten also die Musiker zusammengehalten und sich für die Musik in ihrer Kirchgemeinde eingesetzt.
In den 1970er-Jahren wurde die Tradition neu belebt und auch im Nachbardorf Apfelstädt populär, sodass bald die beiden Posaunenchöre fusionierten. Gespielt wurde nicht nur in Gottesdiensten. Auch bei Geburtstagen, Jubiläen, Festen sind die Posaunen bis heute zu hören.
Janine Reutermann war ein Apfelstädter Kind in der zweiten Klasse, als eines Tages ein Nachbar in der Schule fragte, wer von den Kleinen denn Lust hätte, im Posaunenchor mitzumachen. „Etwa ein Dutzend von uns Kindern war sofort dabei, und zwei von damals spielen noch immer mit“, erinnert sie sich. Das gemeinsame Musizieren, die schöne Musik – das begeistere sie bis heute.
Während sie davon erzählt, sitzt sie in ihrer Mini-Werkstatt. Auf dem Tisch eine goldglänzende Trompete, die geputzt und komplettiert werden soll. Denn Janine Reutermann haben die Posaunen seit jenen Kindertagen derart in ihren Bann gezogen, dass sie zu ihrem Beruf wurden: Sie ist Metallblasinstrumentenmachermeisterin. Mit inzwischen eigener Werkstatt, in Apfelstädt.
Als sie nach der Schulzeit über ein Studium oder eine Ausbildung nachdachte, kam ihr die Idee: „Warum nicht das Hobby zum Beruf machen?“ Denn immer mal wieder musste an den Posaunen und Trompeten etwas repariert, gerichtet, ausgewechselt werden. „Aber wir konnten uns oft nicht selbst helfen“, erzählt sie. 2015 begann sie eine Ausbildung in Markneukirchen. Eine selbst gebaute Trompete war ihr Gesellenstück. In Oederan ging sie dann in die Lehre, um Meisterin zu werden. Und natürlich spielte sie immer in den Posaunenchören mit, die es in den Nachbar-Kirchgemeinden gab. Im August 2020 war es dann so weit: Janine Reutermann wurde Meisterin, eröffnete ihre Werkstatt in Apfelstädt im Haus ihrer Familie. Inzwischen kommen Kunden aus ganz Thüringen.
Und der Posaunenchor? Natürlich war sie im Heimatdorf sofort wieder dabei. Die Kantorin ging damals in die Elternzeit, und sofort stand die Frage: Wer soll für sie die Leitung übernehmen? „Ich versuche es“, war Janine Reutermanns mutige Entscheidung. Allerdings: Sie konnte zwar gut Posaune spielen und sie sogar reparieren, aber einen Chor leiten, einstudieren, dirigieren – das konnte sie nicht.
„Anfangs war es für beide Seiten schwer“, seufzt sie. Sie habe viel üben müssen, daheim vor dem Spiegel. Und habe über die EKM einen Lehrgang für Posaunenchorleiter besucht, in Halle. Das habe ihr sehr geholfen, sodass sie schließlich auch die D-Prüfung bestand. 35 Bläser im Alter zwischen 12 und 75 hören inzwischen auf ihr Kommando. Immer montags wird mit den Erwachsenen geprobt, die Anfänger sind, dienstags mit den Kindern und dem Großen Chor. Die Nachwuchsarbeit ist weiterhin wichtig.
2024 waren die Apfelstädter in Hamburg beim Deutschen Evangelischen Posaunentag dabei, dem größten Bläserfest der Welt. Ein großartiges Erlebnis. Seit Weihnachten schon üben sie jetzt für den Festgottesdienst in Wandersleben am 18. Mai zum 100-Jährigen des Posaunenchores: Telemann, Choräle, auch Modernes. Nein, Mauern wollen sie nicht einstürzen lassen, aber bewegend soll es schon sein.
Tipp: Festgottesdienst zum Jubiläum 100 Jahre Posaunenchor, 18. Mai, 14 Uhr, St.-Petri-Kirche Wandersleben. Im Anschluss wird zum Gemeindefest im Pfarrhof eingeladen.



Autor:Online-Redaktion |
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