Fachwerk-Gebäude wird in Klein Chüden ab- und im Museumsdorf aufgebaut
Eine Kirche zieht um

Die Fachwerkkirche von Klein Chüden stammt aus dem 18. Jahrhundert. | Foto: Doreen Jonas
  • Die Fachwerkkirche von Klein Chüden stammt aus dem 18. Jahrhundert.
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Von Doreen Jonas

In der Altmark gibt es kaum ein Dorf ohne Kirche. Doch immer weniger Menschen und damit auch weniger Christen leben im Norden Sachsen-Anhalts. Die Kirchen regelmäßig zu nutzen, sie zu erhalten – eine große Herausforderung für Kirchenkreis und Gemeinde. In Klein Chüden bei Salzwedel wird die Kirche das Dorf verlassen und in das Freilichtmuseum des Altmarkkreises nach Diesdorf umziehen.
Ein letztes Mal wird die Glocke geläutet. Etwa 120 Besucher sind zum Entwidmungsgottesdienst gekommen. Weil der Platz nicht ausreicht, muss die Hälfte draußen bleiben. Seit mehr als sechs Jahrhunderten gibt es eine Kirche in Klein Chüden, der jetzige Bau stammt aus dem 18. Jahrhundert: Fachwerk, kleine Fensterchen. Es gibt weder Turm noch Strom. Geläutet wird per Hand. Dass hier Gottesdienste gefeiert wurden, ist schon viele Jahre her. Zehn Einwohner hat das Straßendorf, vier davon gehören der evangelischen Kirche an.
Die Entwidmung selbst ist am Ende ein formeller Akt: Matthias Heinrich, Superintendent des Kirchenkreises Salzwedel, verliest die Urkunde. Der Schlüssel wird übergeben. Die Kirche in Klein Chüden aufzugeben, sei keine leichte Entscheidung gewesen, sagt er. Aber: »Wir haben so viele Kirchen, dass wir sie nicht regelmäßig nutzen können.« Auf der Suche nach Lösungen habe die Verwaltung ein Gebäudekataster erstellt, und in den Gemeinden werde überlegt, was dort für Veranstaltungen stattfinden können.
In Kirchen wie Klein Chüden stellt sich die Frage, so Heinrich, was grundsätzlich damit zu tun sei. Dass sie nun eine Zukunft im Museumsdorf Diesdorf hat, auf diese Lösung sei man zunächst gar nicht gekommen. Das Freilichtmuseum besteht aus Bauernhöfen, die in der Altmark ab- und im Museum wieder aufgebaut wurden. Eigentlich sollte kein weiteres Gebäude hinzukommen. Aber, so Matthias Heinrich, für eine Kirche ist noch Platz.
Noch wird es dauern, bis die Arbeiten für den Kirchenumzug beginnen. In diesem Frühling werden die Einwohner ein letztes Mal das Farbenspiel zwischen leuchtend gelbem Scharbockskraut und den roten Steinen zwischen dem Fachwerk bewundern. Es ist ein Stück Heimat, das fort sein wird. Paare wurden getraut, Kinder getauft. Wie Lothar Steffen. Auch er schaut mit einem traurigen und einem zuversichtlichen Auge auf den Abschied. Sie wird ja wieder aufgebaut, tröstet er sich. »Das ist doch schöner, als wenn ich jeden Tag an einer Ruine vorbeifahren würde.«
Mit der Kirche zieht auch die Glocke ins Freilichtmuseum. Sie hat ihre ganz eigene Geschichte, stammt sie doch von der Kirche in Jahrsau. Dieses Dorf – nur ein paar Kilometer weiter – gibt es nicht mehr: Wegen der Nähe zur innerdeutschen Grenze war es vom DDR-Regime 1970 zerstört worden. Die Glocke wurde gerettet – und wird künftig im Freilichtmuseum Diesdorf zu sehen und zu hören sein.

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Online-Redaktion

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