Geisa: Geschichtsstunde auf dem einstigen Todesstreifen
Annweiler erlaufen das „Grüne Band“

Von Geisa nach Herleshausen: 50 Kilometer wanderten die Schüler auf dem „Kolonnenweg“. | Foto: Evangelische Jugend Pfalz
  • Von Geisa nach Herleshausen: 50 Kilometer wanderten die Schüler auf dem „Kolonnenweg“.
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Wieso haben sich gerade Christen politisch engagiert? Warum durfte man nicht mehr studieren, wenn man zur Konfirmation ging? Solche und weitere Fragen haben die Schüler der Klassenstufe 11 des Evangelischen Trifelsgymnasiums in Annweiler in Rheinland-Pfalz beschäftigt.

Gemeinsam waren sie unterwegs entlang des „Grünen Bandes“. Unter der Leitung von Florian Geith, Landesjugendpfarrer der Evangelischen Kirche der Pfalz, haben die 18 Jugendlichen deutsche Geschichte zu Fuß erlebt.
Mit dem nötigsten Gepäck auf dem Rücken wanderte die Gruppe mehr als 50 Kilometer auf dem „Kolonnenweg“ zwischen Geisa und Herleshausen. Übernachtet wurde in Gemeindehäusern und Kirchen entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Ausgangspunkt war die Gedenkstätte Point Alpha. Dem Besuch des Museums folgte am Abend ein Gespräch mit Zeitzeugen, das Henning Voigt, Pfarrer in Geisa, arrangiert hatte. Eine Lehrerin und ein Gemeindediakon aus Geisa – beide im Ruhestand – erzählten von ihren Erfahrungen als Christen in der DDR. „Das Gespräch hat mich sehr bewegt“, sagte Mara nach dem Abend. „Jetzt habe ich erst eine Ahnung bekommen, wie unmenschlich das System der DDR war.“

„Wie groß muss die Sehnsucht nach Freiheit gewesen sein, dass die jungen Leute ihr Leben riskiert haben?“

Themen wie Freiheit und Flucht, politisches Engagement von Christen, Grenzen zwischen Staaten und in den Köpfen, begleiteten die Gruppe bei ihrer Wanderung. Immer wieder gaben Relikte der alten Grenze Anlass zu Gesprächen: So zum Beispiel Gedenktafeln für Maueropfer, die meist im gleichen Alter wie die Jugendlichen heute waren, als sie zu Tode kamen. „Wie groß muss die Sehnsucht nach Freiheit gewesen sein, dass die jungen Leute ihr Leben riskiert haben?“, fragte Louis, als sich die Gruppe mit einzelnen Fluchtgeschichten beschäftigt.

Dass Mauern nicht nur ausgrenzen, sondern auch behüten können, erlebte die Gruppe ebenso. In Geisa und Vacha schliefen die Schüler im alten Pfarrhaus und in der Kirche. Die letzte Station war Berka, wo sich die Jugendlichen in der Dorfkirche mit der Geschichte der Montagsdemonstrationen und der Rolle der Kirchen beschäftigten. Hier feierten sie eine Andacht nach der Liturgie der Friedensgebete von 1989 in der Leipziger Nikolaikirche. „Dass ausgerechnet Kirche für Freiheit und Offenheit steht und ein Ort der freien Meinungsäußerung sein kann, hätte ich nicht gedacht“, äußerte einer der Schüler im Anschluss.

Neben der lebendigen Auseinandersetzung mit der Geschichte der deutschen Teilung und den Christen in der DDR haben viele Dinge die Schüler bewegt. Vor allem waren es die Aufenthalte in den Kirchen, die auf viele einen tiefen Eindruck gemacht haben. „Mich hat das richtig ergriffen. Ich habe mich dort sehr wohl und bei mir gefühlt“, versuchte Julia ihre Gefühle zu beschreiben.

Für die Schülerarbeit des Landesjugendpfarramts in Kaiserslautern sind solche Projekte zukunftsweisende Modelle der Kooperation von Schule und evangelischer Jugendarbeit. „Spannend war zu sehen", sagte der Pfälzer Landesjugendpfarrer Florian Geith, "wie hoch das Bedürfnis nach religiösen Fragen bei den Jugendlichen und wie wichtig es für Kirche ist, geschützte Räume zu eröffnen, um mit jungen Menschen über ihre Fragen, Sehnsüchte und Wünsche ins Gespräch zu kommen.“ Unterstützt wurde das Jugendprojekt anlässlich von 30 Jahren Mauerfall von der „Stiftung Gedenken und Frieden“.

(red)

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Online-Redaktion

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