Zwischen Nachhaltigkeit und Funktionalität
Alte Häuser als "Sorgenkinder"

Das Jordanhaus in der Burgstraße in Halle soll einer Altenpflegeeinrichtung weichen. | Foto: Christoph Kuhn
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  • Das Jordanhaus in der Burgstraße in Halle soll einer Altenpflegeeinrichtung weichen.
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Den Leerstand von Wohnungen, von ganzen Häusern, bemerke ich am deutlichsten, wenn ich zu Fuß unterwegs bin: Ruinöse Gebäude in bester Wohnlage mit sanierten Gründerzeithäusern, mit Jugendstilvillen und mit mehr oder weniger angepassten Neubauten.

Von Christoph Kuhn

Leerstand hat in Halle, wie in anderen Städten auch, verschiedene Ursachen: Ungeklärte Eigentumsfragen; Eigentümer, die nicht willens oder fähig sind, auflagengerecht zu sanieren; fehlende Inverstoren.

„Problemimmobilien“ gibt es auch auf dem Terrain des Diakoniewerks Halle. Es wurde vor 165 Jahren als Dia-konissenanstalt gegründet. Zu der sozialen Einrichtung gehören heute sechs Kliniken und fünf Fachzentren, zahlreiche altersgerechte Wohnungen, Altenpflegeeinrichtungen, die kleine 1893 gebaute Kirche und, außerhalb des Grundstücks, ein Wohnhaus und Werkstatt für Menschen mit Behinderungen, eine Kindertagesstätte und das Tochterunternehmen Poli Reil. Seit 2014 ist das Diakoniewerk Gesellschafter der Christlichen Akademie für Gesundheits- und Pflegeberufe – organisiert als eigenständige Stiftung bürgerlichen Rechts. Etwa 750 Menschen sind heute hier beschäftigt.

Auf den Orientierungs-Schildern des Geländes sind die Problemimmobilien graue, unbenannte Flächen. In der Burgstraße steht die 1873 erbaute Gründerzeitvilla, nach Pfarrer Otto Jordan (1839–1919) Jordanhaus genannt; seit 2010 leerstehend und interimsmäßig genutzt, kürzlich noch als Impfzentrum. Benachbart eine Villa etwa gleichen Baujahrs, zuletzt Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik; auch seit über zehn Jahren ungenutzt dem Verfall preisgegeben. Ein 1925 erbautes langgezogenes zweigeschossiges Haus im Advokatenweg war bis 2003 das Schwesternwohnheim „Abendfrieden“; seitdem ist es Depot. Gardinen vermindern kaum den tristen Eindruck, den es macht.

Wie die Zukunft dieser Gebäude aussieht, fragte ich den inzwischen abberufenen Vorstand des Diakoniewerks und Geschäftsführer des dazugehörigen Krankenhauses und der Poli Reil, Christian Beuchel. Er meinte, die Villen würden für eine neue Altenpflegeeinrichtung abgerissen; die angestrebte Funktionalität, der erforderliche technische Standard, ließe sich in Altbauten nicht realisieren.

Das Haus „Abendfrieden“ nannte er „Sorgenkind“. Die Nutzungsmöglichkeiten seien begrenzt, Umwidmungsideen passten nicht zum Stiftungszweck. Doch abgerissen darf es nicht werden. Aber die Villen? Alle Gebäude des zentralen Diakoniewerks sind als „Bestandteil eines Denkmalbereichs“ geschützt, jedenfalls die Fassaden und Einfriedungen.

Im Sinne von Nachhaltigkeit sollte generell Sanierung vor Abriss und Neubau Priorität haben. Der Bundesgerichtshof hat 2021 Immobilieneigentümern strengere Sanierungspflichten auferlegt. Ist das Diakoniewerk davon entbunden, und ist nicht auch für Leerstand Grundsteuer zu zahlen? Auch will die Diakonie Deutschland nach eignen Angaben bis 2035 klimaneutral wirtschaften. Passt das Ziel zu den Plänen des halleschen Diakoniewerks?

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Online-Redaktion

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