Predigttext zum Sonntag
Verantwortung übernehmen

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Da sprach Gott der HERR zur Frau: Warum hast du das getan?
Die Frau sprach: Die Schlange betrog mich, sodass ich aß.
1. Mose 3, Vers 13 

Ich erinnere mich noch sehr genau, wie sich meine Schwestern und ich den Westen vorgestellt haben, abends im Bett. Ein bisschen so, wie man sich das Paradies vorstellt vielleicht, also nahezu perfekt. Wie in der Werbung im Westfernsehen. Dass es nicht ganz so golden war im Westen, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Wie mag es im Paradies gewesen sein?

Im Predigttext geht es um die Vertreibung aus demselben. Man kann aus dieser Erzählung viel ableiten darüber, warum wir als Menschen nicht mehr im Paradies leben. Mir scheint ein wesentlicher Grund im Verhalten von Adam, Eva und der Schlange zu liegen, das heute üblicher ist denn je.

Gott fragt einen nach dem anderen, was er oder sie getan habe, und sie alle weisen die Schuld von sich weg auf den anderen. Nicht ich, der war es! Letztlich geht es darum, dass der Mensch verlernt hat, für sein eigenes Tun Verantwortung zu übernehmen, weil er sich seiner eigenen Schuld bewusst ist und sich dafür schämt.

Das kommt mir wirklich sehr bekannt vor. Es ist auch manchmal schwer, sich der Verantwortung des eigenen Tuns zu stellen. Und doch: Als Christinnen und Christen sollte es uns eigentlich nicht schwerfallen. Haben wir doch den Glauben, dass durch die Auferstehung Jesu unsere Schuld längst von uns genommen ist.

Vor kurzem war ich bei einem Gespräch dabei, in dem es darum ging, ob wir als Deutsche noch Verantwortung übernehmen müssen für das, was die Nationalsozialisten getan haben. Kann man diese Verantwortung einfach von sich schieben? Am 22. Februar 1943 wurden die Christen Sophie und Hans Scholl hingerichtet dafür, dass sie verantwortungsvoll gehandelt haben.

Und ich bewundere sie für ihren Mut. Aber ich kann nicht Verantwortung übernehmen für das, was damals passiert ist, in einer Zeit, lange bevor ich gelebt habe. Ich trage dennoch Verantwortung dafür, dass es nicht wieder passiert. Ich trage eine Mitverantwortung dafür, was zum Beispiel im Thüringer Landtag passiert ist oder vor wenigen Tagen in Hanau, wenn ich zulasse, dass die Verbrechen der Nazis verharmlost werden. Gerade im Licht des Evangeliums sollte ich da verantwortungsbewusster sein als Adam und Eva in der Erzählung.
Dorothea Knetsch, Klinikseelsorgerin, Weimar

Dorothea Knetsch, Klinikseelsorgerin, Weimar | Foto: Foto: privat
Autor:

Online-Redaktion

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