Bibelübersetzung
Sinn und Sinnlichkeit

Buber-Rosenzweig-Medaille: Die Auszeichnung ist nach den jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929) benannt. Sie wird seit 1968 jährlich von den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an Personen, Institutionen oder Initiativen vergeben, die sich in besonderer Weise für die Verständigung zwischen Christen und Juden einsetzen.  | Foto: epd-bild/Jacqueline Wardeski
  • Buber-Rosenzweig-Medaille: Die Auszeichnung ist nach den jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929) benannt. Sie wird seit 1968 jährlich von den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an Personen, Institutionen oder Initiativen vergeben, die sich in besonderer Weise für die Verständigung zwischen Christen und Juden einsetzen.
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Übersetzt: Mit der Übertragung der Hebräischen Bibel ins Deutsche wollten Martin Buber und Franz Rosenzweig die Kraft des Urtextes erlebbar machen. Warum ihnen damit ein monumentales Werk gelungen ist.

Von Doris Weilandt

Angeregt durch den jungen Verleger Lambert Schneider, begannen die Philosophen Martin Buber und Franz Rosenzweig 1925 mit der Übertragung des Tanach ins Deutsche. Sie wollten damit die Heilige Schrift in ihrer ursprünglichen Form modernen Menschen wieder ins Bewusstsein bringen. Das bedeutete, das geschriebene Wort in seinem Bedeutungsreichtum vorzustellen, den es im Mündlichen hatte: „Denn die Stimme dieses Buches darf sich in keinen Raum einschließen lassen, nicht in den geheiligten Raum der Kirche, nicht in das Sprachheiligtum eines Volks, nicht in den Kreis der himmlischen Bilder, die über eines Landes Himmel ziehen“, erläuterte Rosenzweig.

Der Urtext sollte in der „Verdeutschung der Schrift“, wie die beiden Philosophen ihr monumentales Projekt bezeichneten, in seiner lebendigen Kraft erlebbar sein und ein tiefes Verständnis der biblischen Botschaft vermitteln. Buber dachte dabei vor allem an die „sinnlichen Urbedeutungen“, die in verschiedenen Sprachen mitunter völlig differieren, „dass aber auch die einander entsprechenden Begriffe verschiedener Sprachen sich in vielen Fällen keineswegs sinnlich decken, ja dass gerade in diesem Auseinandergehn die Eigentümlichkeiten der Volkscharaktere sich besonders deutlich bildhaft bekunden“.

Rosenzweig, der bereits zu Beginn der Übersetzungsarbeit schwer krank war, starb 1929. Einige Bücher waren bereits erschienen, zuletzt „Jeschajahu“. Doch Buber hatte in den wenigen Jahren der Zusammenarbeit mit dem geübten Übersetzer zur gewünschten Richtung gefunden, um allein weiterzuarbeiten: „Meine Bibelgedanken haben nun endlich in langer, schwerer, zuweilen fast verzehrender Innenarbeit die Form ihrer Einheit gefunden“.

In seiner umfassenden Bibel-Studie „Königtum Gottes“ würdigt er neben seinem Freund Rosenzweig auch Florens Christian Rang: „die mir geholfen haben, die Schrift zu lesen“. Für seine Absicht, einem jüdischen Publikum die Werte der Bibel als hebräischen Humanismus nahezubringen, blieb ihm bis zum Machtantritt der Nationalsozialisten kaum Zeit.

1938 verließ Buber Deutschland und übernahm in Jerusalem den Lehrstuhl für Soziologie und Kultur an der Hebräischen Universität. Ein Jahr vorher war mit „Buch der Gleichsprüche“ ein weiterer Band bei Schocken in Deutschland erschienen, der letzte, den der jüdische Verlag herausbringen konnte. Erst nach der Gründung von Israel, 1954, konnte die Bibelübersetzung weiter publiziert werden. Der letzte Band erschien 1962.
Anlässlich des feierlichen Abschlusses des Bibelprojektes stellte der Religionshistoriker Gershon Scholem die Frage, an wen sich das Werk richtet, bei wem es seine aufrüttelnde und lebendige Wirkung entfalten sollte. Das deutsche Judentum war mit dem Holocaust verschwunden.

Für heutige Leser ist die verdeutschte Bibel ein ungewohnter Blick auf etwas scheinbar Altbekanntes. Aus den Geschichten, Gesängen und Weissagungen spricht nicht der christliche Glaube. Der mit der Übersetzung freigelegte „Palipmsest“, das freigelegte antike Schriftstück, von dem Buber ausging, verweist auf einen jüdischen Text. Bereits in der frühen Phase ihrer Arbeit hat Rosenzweig auf das Missionarische hingewiesen, das dem Projekt zugrunde liegt, und davon gesprochen, dass die Deutschen die allzu unchristliche Bibel nicht vertragen werden. Deshalb antwortete Buber auf Gershon Sholem, dass er als Gegner des Missionierens an dieser Mission Gefallen gefunden hätte, da es nicht um Judentum oder Christentum gegangen sei: „sondern um die gemeinsame Urwahrheit, von deren Wiederbelebung beider Zukunft abhängt“.

Hintergrund
Die im Oktober an der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität eröffnete Martin-Buber Forschungsstelle möchte Buber (1878-1965) als Akteur und Denker der Versöhnung ins Zentrum stellen. Im Mittelpunkt stehen das Leben und Werk des Religionsphilosophen, dem man sich über dessen weltumspannenden Briefwechsel nähern will. Bubers Lebensthema „Alles Leben ist Begegnung“ war auch Gegenstand der etwa 40 000 Briefe, die er mit rund 5000 Briefpartnern wechselte. Die Einrichtung ist Teil des Jena Center for Reconciliation Studies, das an der theologischen Fakultät der Universität angesiedelt ist. Geplant ist, die Forschungsstelle zu einem Zentrum für internationale Tagungen, Ausstellungen und Projekte zu machen.

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Buber-Forschungsstelle wird eröffnet
Autor:

Online-Redaktion

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