Predigttext
Lerne zu dienen

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Wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein.
Markus 10, Vers 44

Geheimverhandlungen: Jakobusund Johannes nutzen den unbeobachteten Moment und verwickeln Jesus in ein Gespräch. Sie flüstern, damit die anderen Jünger es nicht hören. „Mach, dass wir zu deiner Rechten und deiner Linken sitzen, wenn dein und unser Weg hier zu Ende ist.“

Wunschmaschinen. Ego-Maschinen. Ich kenne sie nur zu gut. Ich will so oft der Beste, der Schnellste, der Erfolgreichste sein, schrecke so oft nicht davor zurück, andere kleinzumachen, damit ich groß dastehe. Da geht es um Selbstwertgefühl, ums Übertrumpfen, um Macht.

Wer nichts mit sich anfangen kann, den drängt es dazu, andere zu beherrschen oder wenigstens besser dazustehen als das Gegenüber – ein toxisches Verhalten, das andere quält. Und mich übrigens auch. Jesus geht "mit der Axt" dazwischen – natürlich vor versammelter Mannschaft, denn die anderen Jünger haben von den Geheimverhandlungen längst Wind bekommen. Sie sind mächtig sauer. Jesus geht dazwischen und stellt die Wunsch- und Ego-Maschinen auf den Kopf: „Du brauchst das Lob, die vermeintlich gerechte Belohnung, um dich gut zu fühlen? Du musst dich über andere erhöhen, um groß zu sein? – Vergiss es: Lerne dich klein zu machen. Lerne zu dienen!“

Jesus geht mit der Axt auf die Ego- und Wunschmaschinen los – und dann wird es ungemütlich. Denn dann bin ich hinterfragt in der Art und Weise, wie ich mich in meinem Leben, meiner Welt eingerichtet habe: meine Strategien, mich gut zu fühlen, meine Strategien gegen die Ohnmacht, meine Strategien, mich selbst zu belohnen – und sei es mit dem kleinen Moment des kleinen Gefühls, besser und wertvoller zu sein als andere . Wer lässt sich schon gerne in Frage stellen?

Ich habe vor Kurzem einen Satz gelesen, der mich fesselt: „Das Selbstverständliche unselbstverständlich machen – darin besteht die Kunst.“ Der Satz könnte von Jesus stammen. Denn er stellt mich und meine Welt vom Kopf auf die Füße. Gott geht in Jesus genau diesen Weg. Macht das Selbstverständliche unselbstverständlich. Im Blick auf das Kreuz wird das Große klein, das Schwache mächtig. Und dann denke ich an meine Ego- und Wunschmaschinen: „Mach das Große klein und das Schwache mächtig, Junge“, sagt der sterbende Jesus mit ausgebreiteten Armen zu mir, „versuche es wenigstens, ich helfe dir.“

Karl Weber, Pfarrer in Sondershausen | Foto: Karl Weber
Autor:

Online-Redaktion

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