Wort zur Woche
Ganz einfach: So einfach ist es nicht

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Christus spricht zu seinen Jüngern: Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich.
Lukas 10, Vers 16

Nein, so kann er es nicht gemeint haben. Dass da kein Unterschied ist. Dass, wer seinen Jüngern begegnet, ihm begegnet. Dass ihre Worte seine Worte sind. Wie merkwürdig, dieser Gedanke: Der Bote ist identisch mit dem, der ihn sendet.
Vielleicht meint er es ja so: Weist man die Jünger ab, weist man auch das ab, wofür er steht. Das Reich, das kommt. Die Liebe, die das Leben trägt. Den Gott, der die Tränen abwischt. Und in ihrer Rede liegt eine Ahnung von dem Neuen, das er bringt. So ist es nicht der Bote selbst. Eher schon seine Botschaft. Die verbindet mit Christus. Ein offener Kanal, eine direkte Leitung. Nun gut.
Dann meint er aber nicht mich. Wie käme ich denn dazu. „Kommt her, ihr Leute! Kommt her und hört meine Worte! Ihr werdet Christus begegnen! Wendet euch nicht ab! Kehrt ihr mir den Rücken zu, kehrt ihr Gott den Rücken zu.“ Ich übertreibe. Aber Sie merken, wo mein Problem liegt. Wie schwer es ist, zu wissen, ob wir in seinem Auftrag handeln. Ob er das alles so gemeint hat. Die alten Formeln, die Steine, die Gesetze. Ob unsere Kirche noch Orte und Räume zu schaffen vermag, an denen sich Himmel und Erde berühren. Ob ich das als Christ heute überhaupt sein kann: sein Bote. Zumindest in der Strenge des Wochenspruchs. Gibt es da noch Platz für meine Zweifel? Für meine Sorgen, meine Lust am Leben?
Klar, Lukas schreibt nicht direkt für mich. Da haben sich Jahrtausende zwischen uns geschoben, ein ganzes Universum aus Kirchen- und Kulturgeschichte. Und doch fühle ich mich herausgefordert zu fragen. Zu fragen, wo er mir nahekommt, dieser Gott, in meiner Kirche. Und oft genug weiß ich keine Antwort.
Oft genug. Und doch nicht immer. Manchmal spüre ich: Der Kanal ist offen. Die Leitung steht. Etwas klingt in mir und macht mich froh. Etwas vermittelt mir einen tiefen Sinn hinter den Dingen. Etwas nimmt mich an die Hand, wendet meinen Blick, lässt mich hoffen. Dann kommt er mir nahe. Das geschieht nicht überall. Aber es geschieht. Manchem mag das zu wenig sein. Mir nicht.
Christoph Rätz, Vikar in Kapellendorf Wort zur Woche

Christoph Rätz, Vikar in Kapellendorf Wort zur Woche | Foto: privat
Autor:

Online-Redaktion

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