Wort zur Woche
Die Hand auf seinem Rücken – und plötzlich war alles anders

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Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.
Hebräer 3, Vers 15


Er fühlte sich wie im Nebel. Nichts drang mehr zu ihm durch. Eingehüllt wie in dicke schwere Wolken saß er da und sagte nichts. Eine leise Stimme zu seiner rechten, eine sehr aufgebrachte Stimme auf seiner linken Seite.

Von Magdalene Franz-Fastner

Er hörte es einfach nicht mehr. Er schaltete ab. Er sah alles um sich herum, aber es gab keine Verbindung mehr. Zu oft schon hatte er in solch einer Klemme gesteckt. Konnte er nicht einfach im Erdboden verschwinden?

Längst wusste er, dass das nicht richtig gewesen war. Er war ausgeflippt, naja, fast jedenfalls. Handgreiflich war er nicht richtig geworden. Aber kurz davor hatte es gestanden. Und gut, einen kleinen Schubser hatte er dem Großmaul gegeben. Was fiel dem auch ein? Frech war der geworden. Das konnte er sich nicht bieten lassen. Die Stimmen um ihn herum wurden drängender. Es war zu laut in seinen Ohren. Er konnte nichts mehr verstehen. Aber er spürte, dass die meisten um ihn herum immer besorgter aussahen. Und manche verlachten ihn innerlich. Das spürte er alles.

Dann, auf einmal, saß jemand anderes neben ihm. Sie legte ihren Arm um seine Schulter. Eine vertraute Stimme. Ihr hörte er so gern zu. Aber hier in diesem Durcheinander war auch ihre Stimme fast nicht mehr zu hören! Die Hand auf seinem Rücken fühlte sich warm an. So war es früher immer gewesen, wenn seine Mutter ihn in die Arme geschlossen hatte. Da fühlte er sich sicher. Die Hand streichelte ihn weiter. Ganz vorsichtig. Wie seine Mutter … Und dann kullerten die Tränen. Wie als wenn eine fest verschlossene Tür plötzlich aufbricht, so schossen seine Tränen heraus. Eigentlich hasste er diesen Moment. So schwach sah das aus, wenn er als Mann weinte. Andererseits war das einfach befreiend. Irgendetwas wurde freigesetzt in ihm. Ganz tief in seinem Herzen. Da wo der Schmerz saß, da war auch die Erlösung.

Für mich ist Gottes Stimme sehr ähnlich. Liebevoll, zugewandt und klar. Sie löst etwas in mir. Meist da, wo ich nicht so gern hinschaue. Und doch ist es dann wie eine Art Befreiung.

Die Autorin ist Pfarrerin in Ilmenau. 

Magdalene Franz-Fastner | Foto: Anli Fotografie Ilmenau
Autor:

Online-Redaktion

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