Rezension
Weißer Rauch vor der Kirche

Foto: kai-brodersen.eu/kartoffeldruck-verlag/
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Dürfen Theologen rauchen? Der Historiker Kai Brodersen, zuletzt Professor für Antike Kultur an der Universität Erfurt, veröffentlicht ein kleines Büchlein mit der medizinischen Dissertation (1743) von Heinrich Christian Alberti (1722–1782) an der Universität Halle, die sich dieser Frage widmet.

Von Joachim Liebig

Der lateinische Originaltext liegt damit erstmals in der zweisprachigen Ausgabe in deutscher Übersetzung vor. Ergänzt wird das Bändchen durch ein Traktat des englischen Königs Jakob I. zum selben Thema und ein satirisches Gedicht des Ascherslebeners Adam Olearius (1599–1671).

Alberti schreibt im Umfeld von August Hermann Francke, und so ist die für die Gegenwart zunächst ironisch anmutenden Frage ein ernsthaftes Thema jener Zeit. Alberti erläutert das sich gerade erst verbreitende Rauchen unter medizinischen und durchaus auch pastoraltheologischen Aspekten. Medizinisch sei der Tabak hilfreich, da er alle Arten von körperlichen Schwächen positiv beeinflusst. Neben gestärkter Sehfähigkeit zählt er dazu die grundhafte Verbesserung buchstäblich jeder Art von Körperflüssigkeit, wobei suchthaftes Rauchen vom medizinischen Gebrauch zu unterscheiden ist. Die bewegungsarme und daher ungesunde Lebensweise der Theologen (!) macht den Tabak zu einem probaten Heilmittel berufstypischer Erkrankungen.

Mit dem Bezug auf paulinische Texte, Glaubende mögen keinen Anlass zum Anstoß in der Lebensführung geben, um die Verbreitung des Evangeliums nicht zu behindern, lässt Alberti den Geist Hallenser Theologie spüren. Damit aber sind die Gedanken, so befremdlich gerade die medizinischen Einschätzungen sein mögen, auf eigentümliche Weise aktuell. Gerade den Glaubensfernen ist die Authentizität gelebten Glaubens ein beliebtes Kriterium der Polemik. Dabei ist Authentizität kein Wert an sich. Verbrecher können ganz authentisch ihren Straftaten nachgehen. Dennoch muss der Glaube an seinen Früchten erkennbar sein, wozu jedoch nicht ohne weiteres (spieß-)bürgerliche Moral anhält. Als ehemaliger Raucher halte ich es daher gern mit Alberti, wenn er konstatiert: etiam theologi homines sunt – auch Theologen sind Menschen.

Brodersen Kai: Heinrich Christian Alberti – Dürfen Theologen rauchen. Kartoffeldruck-Verlag, 174 S., ISBN 978-3-911973-01-4, 10 Euro

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Kai Brodersen | Foto: Universität Erfurt
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Online-Redaktion

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