Rezension
Mit Jesus auf Interrail-Tour

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Er steht auf die Musik von Helene Fischer, mag Döner und will im Zug-Urlaub mal eine Weile aufs Smartphone verzichten.
Von Jörn Schumacher
Das Buch „Jesus, die Milch ist alle“ des Hamburger Pastors Jonas Goebel hat einen Nachfolgeband bekommen, und dieser ist wieder eine intelligente und erfrischend witzige Geschichte über Jesus in Zeiten von Instagram und „Digital Detoxing“.
Ein bisschen erinnert die Idee ja an die „Känguru-Chroniken“, bei der plötzlich ein Känguru beim Autor einzieht und dessen Welt(sicht) gehörig durcheinanderwirbelt. Doch statt eines Kängurus hängt hier Jesus höchstselbst beim Autor ab, erkundet das Internet und geht auf Popkonzerte. Ob der 33-jährige Jonas Goebel, Pastor der Evangelischen Auferstehungskirchengemeinde Lohbrügge in Hamburg, sich nun beim Känguru hat inspirieren lassen oder nicht – ihm war 2021 mit seinem Buch „Jesus, die Milch ist alle“ ein großer Erfolg gelungen.
Nicht für jeden ist dieser saloppe Umgang mit Jesus und Martin Luther tiefgründig genug, er habe auch so manche kritische Zuschrift erhalten, teilt der Autor im Nachwort zu seinem neuen Buch mit. Aber wer die Zeitreise des Sohnes Gottes ins Heute mochte, darf sich auf ein neues Feuerwerk der guten Ideen freuen. In seinem neuen Buch gehen Jonas und seine Freundin mit Jesus auf eine Interrail-Tour, und wie im Vorgängerbuch gelingt dem Pastor eine Gratwanderung zwischen jugendlich-lockerem Klamauk und lehrreicher Theologie. So wird der Leser Zeuge davon, wie Jesus auf einem Konzert der Schlagersängerin Helene Fischer begeistert mitsingt. An Jonas gewandt, ruft er: „Liebe Gemeinde, das Evangelium des heutigen Sonntags steht in Helene 1, Vers 3 und heißt: Gott sprach: Es werde Tanz. Und es wurde Tanz!“
Goebel versteht es, die christliche Botschaft mit dem Leben von heute zu verbinden. Etwa wenn Jesus sagt: „Mit der Nachfolge ist es wie mit Instagram: Man kann sich gegenseitig folgen – oder auch nur einseitig.“ An einem Abend will Trixi vor dem Einschlafen noch ein wenig aus der BasisBibel vorlesen (anstatt schon wieder „Drei Fragezeichen“ zu hören). Möchte Jesus irgendeine bestimmte Bibelstelle hören? „Überrasch mich!“, sagt Jesus und kuschelt sich in seine Decke ein. „Aber nichts mit der Kreuzigung! Und nichts mit Pharisäern, da muss ich mich immer aufregen!“ Irgendwann stößt auch ein alter Bekannter zu den dreien: Martin Luther. Wie könnte es anders sein: Luther verweigert die Corona-Impfung!
Glücklicherweise verkitscht Goebel Jesus aber nie zu einem oberflächlichen Hipster, der nur coole Sprüche von sich gibt. Jesus zeigt auch Schmerz und Trauer. Manchmal wünscht man sich allerdings, die drei Urlauber erlebten auch einmal eine wirkliche Anfechtung. Wie reagierte Jesus darauf? Als sie einem Straßenprediger begegnen, der die Menschen vor der Hölle warnt, wenn sie nicht zu Gott umkehren, sagt Jesus zu ihm: „Es geht nicht darum, zu mir umzukehren. Sondern mit mir umzukehren. Die schlechten Seiten und Angewohnheiten von euch, die sollen euch nicht von meinem Vater trennen – sondern gerade zu ihm führen!“ Oder um es mit Helene Fischer zu sagen: „Keiner ist fehlerfrei.“
Es wird klar: Jesus war Mensch durch und durch, und kein Engels- oder Geisteswesen. Er hatte Gefühle und Wünsche, er litt und er genoss das Leben. „Jesus, Füße runter“ ist ein witziges Buch mit theologischem Tiefgang, allerdings wohl eher für ein jüngeres Publikum – viele popkulturelle Anspielungen dürften ältere Semester nicht verstehen. Jesus ist hier ein sympathischer Typ, den man gerne kennen lernen würde, und es stellt sich bei der Lektüre unweigerlich die Frage: Kann Jesus nicht eigentlich auch bei mir jeden Tag dabei sein?
Goebel, Jonas: Jesus, Füße runter. Meine schräge WG auf Reisen, Herder, 176 S., ISBN: 978-3-451-39324-2; 16,00 Euro
Autor:Online-Redaktion |
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