Im Harz wird die Walpurgisnacht gefeiert
Mit Hexengeschrei und Teufelsgeheul

Die Hobby-Hexen Simone Bartjes (links) und Janina Pilka proben in Wolfshagen bei Goslar für die Walpurgisnacht. Vor der Pandemie strömten rund 100.000 Besucher in den Harz, um das Spektakel zu sehen. Beide Frauen gehören der „Wolfshäger Hexenbrut“ an, eine Gruppe, die sich selbst als sogenannte Unterhaltungshexen versteht. Für ihre ausgefallenen Kostüme sind sie weit über die Grenzen des Harzes bekannt.  | Foto: epd-Bild/Andre Bertram
  • Die Hobby-Hexen Simone Bartjes (links) und Janina Pilka proben in Wolfshagen bei Goslar für die Walpurgisnacht. Vor der Pandemie strömten rund 100.000 Besucher in den Harz, um das Spektakel zu sehen. Beide Frauen gehören der „Wolfshäger Hexenbrut“ an, eine Gruppe, die sich selbst als sogenannte Unterhaltungshexen versteht. Für ihre ausgefallenen Kostüme sind sie weit über die Grenzen des Harzes bekannt.
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Nach zwei Jahren Unterbrechung wegen Corona wollen viele Harz-Gemeinden mit Walpurgis-Feiern Besucher anlocken. Das Touristen-Spektakel hat heidnische, aber auch christliche Ursprünge.

Von Reimar Paul

In den beiden vergangenen Jahren verzogen sich die Hexen und Teufel im Harz Corona-bedingt ins Internet. Jetzt aber lassen sie es wieder richtig krachen, draußen und in Präsenz. Rund 25 Städte und Gemeinden im Harz wollen mit Feuern, Festen und Fackelzügen die Nacht zum 1. Mai zum Tage machen. Der Harzer Tourismusverband in Goslar rechnet damit, dass wie vor der Pandemie Zehntausende Besuchern dem Spektakel beiwohnen.

Im „Altenauer Hexenkessel“ beginnt der Spuk bereits am Nachmittag mit dem Umzug der kleinen Hexen und Teufel. Sie könnten sich bei allerlei „teuflischen Spielen“ vergnügen und auch den „Hexenbesenführerschein“ machen, wird versprochen. Abends bitten die Altenauer Bruchberghexen zum Tanz, für eine mitternächtliche Ansprache hat sogar der Oberteufel höchstpersönlich zugesagt.

Der Vitalpark in Bad Sachsa soll sich in der Walpurgisnacht in einen „mystisch-märchenhaften Kessel der Fabelwesen“ verwandeln. „Die quirlige Märchenwelt trifft auf die Teufelsbrut“, heißt es in der Ankündigung. Nicht nur Teufel und Hexen, sondern auch zahlreiche Märchen- und Sagenfiguren seien dann auf Stelzen unterwegs.

Für „höllische Stimmung“ will auch die Stadt Goslar sorgen: „Der Marktplatz verwandelt sich in einen mystischen Hexenwald und der Marktbrunnen brodelt“. Bei freiem Eintritt werde zu Live-Musik „teuflisch gut gefeiert und der Hexenbesen geschwungen“. Wer unverkleidet kommt, kann sich vor Ort mit Accessoires wie Masken, Hüten, Hörnern und Besen eindecken.

Gleich drei Tage lang, vom 29. April bis zum 1. Mai, lädt der Ort Schierke zum „großen Treiben der Hexen und Teufel“. Auf einem großen Mittelaltermarkt präsentieren sich Handwerker, Händler und Tavernen sowie Gaukler, Spielleute, Wikinger und Ritter. Eine der größten Walpurgis-Partys steigt wohl wieder in Thale: Statt wie früher auf dem „Hexentanzplatz“ wird dieses Mal allerdings im Klubhaus gefeiert. Die Fete soll bis vier Uhr morgens dauern.

Nach weit verbreiteter Ansicht geht das Touristenspektakel Walpurgisnacht auf alte heidnische Bräuche und Aberglauben zurück. Am Abend des 30. April sollen die Hexen zum Brocken geritten sein, um sich dort am Feuer mit dem Teufel zu paaren. Unterwegs verhexten sie alles, was ihnen in die Quere kam. Um ihr Vieh zu schützen, hefteten schlaue Bauern Kreuze und Kräuterbüschel an die Stalltüren. Wenn jemand neun Sorten Holz bei sich trug oder auf einem Schemel kniete und betete, mussten die oft als harmlose Reisigsammlerinnen getarnten Hexen ihre wahre Identität preisgeben.

Der Walpurgis-Kult hat aber auch christliche Ursprünge. So ist der 1. Mai Namenstag der Volksheiligen Walburga. 710 in England geboren, war sie Begründerin des Benediktinerinnen-Klosters im schwäbischen Heidenheim. Nach ihrem Tod am 25. Februar 779 wurden Walburgas Gebeine nach Eichstätt in Bayern gebracht. Aus der Steinplatte, auf der ihre Reliquien ruhen, soll alljährlich eine ölähnliche Flüssigkeit quellen - das Walpurgisöl, das angeblich gegen alle Anfechtungen des Leibes und der Seele gut ist und in kleinen Fläschchen an die Gläubigen verkauft wird.

Auf dem Brocken, dem höchsten Berg im Harz, gab es im Jahr 1896 die erste für Touristen organisierte Walpurgisfeier. Ab 1899 konnten die Gäste mit der Brockenbahn den Berg hinauffahren. Aber bereits zwei Jahre später bereitete der damalige Brockenbesitzer, der Fürst von Stolberg-Wernigerode, dem Spektakel per Dekret ein Ende. Felsformationen auf dem Brocken tragen bis heute die Namen „Hexenaltar“ und „Teufelskanzel“.

Vom Harz aus schwappte der Walpurgis-Brauch in den vergangenen Jahren auf andere Gegenden über. Die Stadt Verden etwa wirbt am 30. April mit einem „Lichterzauber vor dem Rathaus“. Und in Groß Hesepe (Kreis Emsland) können Gäste ihre eigenen Hexenbesen binden und „mit Hexengeschrei und Teufelsgeheul“ durchs örtliche Moormuseum streifen.

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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