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Der Meister von Bayreuth

Jean-Paul-Museum in Bayreuth | Foto: J.-P. Museum/Thomas Köhler
  • Jean-Paul-Museum in Bayreuth
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Als der Theaterkritiker Alfred Kerr im Jahr 1902 Bayreuth besuchte, besichtigte er auch die Dichterstube von Jean Paul. Ins Gästebuch schrieb er: „Vergessen dich die Deutschen heut? Du bist der Meister von Bayreuth!“ – Eine Anspielung auf die Wirkmächtigkeit Richard Wagners in der fränkischen Stadt. Der Eintrag hat von seiner Aussagekraft kaum etwas eingebüßt.

Von Edgar S. Hasse

Jean Paul, am 14. November 1825 in Bayreuth verstorben, ist weithin in Vergessenheit geraten. Dabei war der Pfarrers- und Organistensohn aus Wunsiedel namens Johann Paul Friedrich Richter, der sich später nach seinem französischen Idol Jean-Jaques Rousseau als Jean Paul benannte, im Übergang von der deutschen Klassik in die literarische Moderne ein populärer und vor allem bei Frauen beliebter Autor. Der Studienabbrecher der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig verschrieb sich mit seinem Talent der imaginären Wortzauberei und psychologischen Beobachtungsgabe der Schriftstellerei. Nach Ansicht seiner Biografin Beatrix Langer hat er eines der gewaltigsten Prosawerke der deutschen Sprache geschaffen. Nach erfolglosen Jahren gelang dem Sprachschöpfer, der solche Worte wie „Doppelgänger“ und „Fallschirm“ erfand, mit dem Roman „Hesperus“ 1795 der größte literarische Erfolg seit Goethes „Werther“.

Sein Wirkungsort blieb der Kulturraum zwischen Franken und Thüringen. Zwei Jahre verbrachte Paul in Meiningen (1801–1803), wo er sein spätes Eheglück fand und die für ihn wichtigen drei „B“: Bücher, Berge, Bier. Dem evangelischen Christentum wohlgesonnen, aber kritisch gegenüberstehend, schrieb er mit seiner berühmten Traumstelle in „Siebenkäs“ (1796/97) einen Text, der die Gottvergessenheit und das Gefühl der existenziellen und universellen Leere unserer Gegenwart vorwegnimmt. Es ist die „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, daß kein Gott sei“. Darin antwortet Jesus Christus auf die Frage der Toten: „Wir sind alle Waisen, ich und ihr, wir sind ohne Vater.“ Es gebe keine „heilende Hand und keinen unendlichen Vater“. Zum Glück war es ein Traum; am Ende weint die Seele des Dichters vor Freude, dass sie Gott wieder anbeten kann.

Bayreuth erinnert mit zahlreichen Veranstaltungen an den Schriftsteller im Schatten Richard Wagners. Und ein 200 Kilometer langer Jean-Paul-Weg lädt zwischen Joditz bei Hof und Wonsees zu Wanderungen auf seinen Spuren ein.

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