DDR-Kirchenverluste # 17
Die Bethlehemkirche Potsdam-Babelsberg

Die Alte Kirche und die Bethlehemkirche in trauter Nachbarschaft im Jahr 1899. | Foto: Autor unbekannt, gemeinfrei, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=121741040
  • Die Alte Kirche und die Bethlehemkirche in trauter Nachbarschaft im Jahr 1899.
  • Foto: Autor unbekannt, gemeinfrei, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=121741040
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In der DDR wurden bis 1988 rund 60 Kirchen auf staatlichen Druck gesprengt. Die wohl bekannteste von ihnen war die Paulinerkirche Leipzig – auch Universitätskirche St. Pauli genannt – im Jahr 1968. Die Serie erinnert an verlorene Sakralbauten in Mitteldeutschland und darüber hinaus.

Die Bethlehemkirche war das evangelische Kirchengebäude in Potsdam-Babelsberg auf dem Anger von Neuendorf. Das 1899 vollendete, nach dem biblischen Ort Bethlehem benannte Gotteshaus wurde bei Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Es wurde 1952 gesprengt.

Geschichte
Das Rundangerdorf Neuendorf ist der älteste Stadtteil von Babelsberg. Dort gab es seit 1585 auf dem Anger eine Kirche in Fachwerkbauweise. Sie war Anfang des 19. Jahrhunderts baufällig.

Neben ihr errichtete der Schinkel-Schüler Christian Heinrich Ziller (1791–1861) ein neues Gotteshaus – nach einer Skizze von Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) und dem Entwurf von Hofbaurat Ludwig Ferdinand Hesse (1795–1876). Der neogotische Sakralbau mit achteckigem Grundriss entstand zwischen 1850 und 1852.

Bald jedoch war diese neu gebaute Kirche – trotz Einbau der zweiten Empore und Aufstockung der westlichen Vorhalle – wegen wachsender Personenzahl der Kirchgemeinde zu klein.

So reifte die Idee, an der Stelle der eingangs erwähnten, einstigen benachbarten Fachwerk-Vorgängerkirche ein weiteres Gotteshaus zu errichten. So entstand zwischen 1898 und 1899 nach den Plänen des Geheimen Regierungs- und Baurats Ludwig von Tiedemann (1841–1908) auf Neuendorfs Anger die neugotische Bethlehemkirche.

Errichtet hat sie Bauführer Erich Riemasch (1877–1962) aus Neuendorf unter Leitung von Arthur Kickton (1861–1944). Ihre im wörtlichen Sinn überragende Besonderheit war der seitlich stehende, 55 Meter hohe Kirchturm. Nun gab es jahrzehntelang auf Neuendorfs Anger zwei Kirchen nebeneinander.

Zweiter Weltkrieg und die Zeit danach
Bei Luftangriffen am 8. August 1941 und 1945 wurde dieses Kirchengebäude stark beschädigt. Deshalb sollte nach dem Krieg die benachbarte, geringer beschädigte Alte Neuendorfer Kirche instandgesetzt und genutzt werden. Doch weder dieses Vorhaben noch den Wiederaufbau der Bethlehemkirche konnte sich die Kirchgemeinde finanziell leisten. Es entstand als Notlösung ein Kirchensaal im Gemeindehaus in der Schulstraße 8c.

Im Jahr 1952 folgte das endgültige Aus für die Bethlehemkirche: Der inzwischen um fünf Meter aus dem Lot geratene Kirchturm und das Kirchenschiff wurden am 18. September 1952 gesprengt.

War das die freie und alleinige Entscheidung der Kirchengemeinde als Eigentümerin? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Jedenfalls hatten die dortigen Protestanten jahrzehntelang zwei Kirchen – und jetzt gar keine mehr … Der Kirchensaal im Gemeindehaus war da nicht mehr als ein Trostpflaster.

Jüngere Vergangenheit und Gegenwart
Wiederaufgebaut wurde Jahrzehnte später die Alte Neuendorfer Kirche, was der ebenso regen wie nachhaltigen Tätigkeit des Kirchenbauvereins zu verdanken ist.

Ihre feierliche Wiedereinweihung war am 8. September 2007 – und gilt als „Kleines Wunder von Babelsberg“. Die feierliche Stätte dient beispielsweise auch als Außenstelle des Standesamtes Potsdam für Eheschließungen.

Auf Neuendorfs Anger gibt es seit den 2000er Jahren eine besondere Form der Erinnerung an die Bethlehemkirche: Auf der Rasenfläche macht ein Ziegelband auf ihren Fundamentmauern den Grundriss des gesprengten Gotteshauses sichtbar.

Koordinaten: 52° 23′ 19,3″ N, 13° 5′ 17,5″ O

https://de.wikipedia.org/wiki/Bethlehemkirche_(Potsdam)

Autor:

Holger Zürch

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