100 Jahre KD-Bank
Bank-Chef Thiesler: „Wir brauchten keine Staatshilfe“

Foto: epd-bild/Heike Lyding
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Dortmund (epd). Investitionen in Rüstung oder Gas- und Atomkraftwerke sind nach den Kriterien der Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) in Dortmund nicht nachhaltig. Die Finanzierung von Rüstung sei eine Aufgabe des Staates und Gas- und Atomenergie seien keine zukunftsfähigen Energieträger, sagte der Vorstandsvorsitzende der KD-Bank, Ekkehard Thiesler, im Gespräch mit Ingo Lehnick. Zum 100-jährigen Bestehen der ältesten evangelischen Kirchenbank in Deutschland äußerte sich der promovierte Wirtschaftswissenschaftler auch über Spekulationsblasen, Finanzkrisen und AfD-Funktionäre als Privatkunden.

Die KD-Bank ist die älteste evangelische Kirchenbank in Deutschland. Was waren vor 100 Jahren die Beweggründe für ihre Schaffung?

Ekkehard Thiesler: Die Idee zur Gründung einer Bank wurde zunächst Anfang des 20. Jahrhunderts in der rheinischen Kirche verfolgt und 1911 sogar beschlossen. Erst 1924 war sie nach dem Ersten Weltkrieg wieder Thema in der Provinzialsynode, sie wurde aber nicht umgesetzt. Hintergrund der Überlegungen war die verbreitete Armut und Hyperinflation: Das Geld war nichts mehr wert. Auch in den Kirchen war die Not groß, weil sie von Sparkassen und Landesbanken keinen Kredit mehr bekamen und ihre Gemeinden und Kindergärten oder beispielsweise den Bau von Sozialstationen oder Krankenhäusern nicht finanzieren konnten. Bedenken gab es im Rheinland aber beim Thema Mündelsicherheit, man fürchtete, dass die Einlagen bei einer solchen Bank nicht sicher sind.

Zuerst setzte sich dann in Sachsen die Überzeugung durch, dass man eine eigene Kirchenbank braucht. Auf Betreiben des Politikers und Theologieprofessors Hugo Hickmann wurde am 2. Oktober 1925 im Ständehaus in Dresden die Gründung der Landeskirchlichen Kreditgenossenschaft für Sachsen (LKG) gefeiert, sie war die erste evangelische Kirchenbank in Deutschland. Nur zwei Jahre später entstand in Münster die Darlehensgenossenschaft der Westfälischen Inneren Mission (DGM) und in Magdeburg die Provinzialkirchliche Spar- und Darlehnsgenossenschaft für die Provinz Sachsen (Prosparda). Treibende Kraft in Westfalen war vor allem der Theologe Martin Niemöller, der in der NS-Zeit führender Vertreter der Bekennenden Kirche wurde. Er setzte sich gegen die Bedenkenträger einer Kirchenbankgründung durch.

Die Vorläufer der heutigen KD-Bank wurden also aus der Not geboren. Woher bekamen sie ihr Geld?

Thiesler: Das war nur möglich durch das Genossenschaftsprinzip nach dem Motto von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, «was einer nicht vermag, das vermögen viele». Die Gemeinden, Kirchenkreise und Landeskirchen wurden Mitglieder und zahlten in die Bank ein, die dann günstige Kredite an Mitglieder vergeben konnte, die eine Finanzierung brauchten.

Vorstandsvorsitzende der KD-Bank: Ekkehard Thiesler | Foto: epd-bild / Andreas Buck
  • Vorstandsvorsitzende der KD-Bank: Ekkehard Thiesler
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Wie hat die Bank historische Krisen bewältigt, zum Beispiel die Weltwirtschaftskrise, den Nationalsozialismus und die deutsche Teilung?

Thiesler: Nach dem Schwarzen Freitag im Oktober 1929, der die Weltwirtschaftskrise auslöste, sagte Martin Niemöller: Wir waren die einzige Bank in Münster, die ihre Schalterhalle geöffnet hatte. Das steigerte das Vertrauen in die Bank. In der NS-Zeit wurden mit den Kirchen auch Vorstände und Aufsichtsräte der Banken gleichgeschaltet, Hickmann wurde seiner Ämter enthoben. Die Institute überdauerten gleichwohl die NS-Zeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1953 in Duisburg eine weitere evangelische Darlehensgenossenschaft gegründet, die ab 1976 den Namen Bank für Kirche und Diakonie (BKD) erhielt. In der DDR hielten sich die Kreditinstitute trotz der sozialistischen Vorgaben über Wasser. Durch mehrere Fusionen der Institute in Ost und West entstand 2010 die heutige «Bank für Kirche und Diakonie eG - KD-Bank» mit Sitz in Dortmund.

Was ist das Geschäftsmodell der KD-Bank und wie hat es sich im Laufe der Jahrzehnte verändert?

Thiesler: Unser Auftrag und unser grundlegendes Geschäftsmodell sind von der Gründung vor 100 Jahre bis heute gleichgeblieben: Wir erhalten Einlagen unserer kirchlichen und diakonischen Mitglieder und geben sie als Kredite für Baumaßnahmen und soziale Leistungen weiter. Im Vordergrund steht dabei nicht die Erzielung eines hohen Gewinns, sondern Gemeinnützigkeit und die Gewährung günstiger Konditionen für unsere Mitglieder. Wir setzen nicht wie eine Investmentbank auf Spekulation, sondern denken langfristig und unterstützen als Genossenschaftsbank die Realwirtschaft, speziell die Sozial- und Gesundheitswirtschaft. Dazu zählen etwa Schulen, Kindergärten, Altenheime, Krankenhäuser, Hospize, sozialer und privater Wohnungsbau, Klimamaßnahmen oder Investmentfondsprojekte wie der Kinderzukunftsfonds, der in Zusammenarbeit mit der Kindernothilfe entstanden ist.

Als 2008 von den USA ausgehend eine gewaltige Immobilienspekulationsblase platzte und Billionensummen verloren gingen, waren wir gegen die große Finanzkrise weitgehend gefeit, wir brauchten keine Staatshilfe. Ich sehe auch jetzt wieder die Gefahr einer Spekulationsblase, die zu großen Verwerfungen führen könnte.
Derzeit wird viel in Gold investiert, das ja nur eine Währung gegen Unsicherheit ist. Auch das Thema Bitcoins spielt eine wesentliche Rolle, hier geht es nur um Spekulation.

Als Bank erzielen Sie auch Gewinne. Steht das im Widerspruch oder im Einklang mit dem diakonisch-kirchlichen Auftrag?

Thiesler: Da wir eine Genossenschaft sind, brauchen wir nicht auf den Aktienkurs zu schauen. Wir wollen zwar eine Dividende zahlen, aber das Geld geben wir damit ja zurück an Kirche und Diakonie. Nötig ist ein Mindestgewinn, vor allem für Rücklagen, die wir bilden müssen, und zur Stärkung des Eigenkapitals. Darauf legen die deutsche und die europäische Finanzaufsicht immer mehr Wert. Aber wir müssen keine Gewinnmaximierung betreiben.

Welche Kriterien gelten bei der KD-Bank für Geldanlagen?

Thiesler: Wir befassen uns schon sehr lange mit Geldanlagen nach sozialen, ökologischen und ökonomischen Standards. Vor knapp 20 Jahren haben wir das systematisiert. Unseren sehr ausdifferenzierten Nachhaltigkeitsfilter lassen wir jedes Jahr unabhängig überprüfen. Durch Aktives Aktionärstum stoßen wir Veränderungen an und sprechen mit Unternehmen, die Unterstützung bei Themen wie Arbeitsrechte, faire Löhne in der Lieferkette, CO2-Vermeidung oder Elektromobilität benötigen. Die Stiftung Warentest hat uns in ihrem aktuellen Test nachhaltiger Banken die beste Bewertung «streng nachhaltig» verliehen.

Rüstungsunternehmen stehen angesichts der aktuellen Kriege und Konflikte derzeit buchstäblich hoch im Kurs, der Verband der Deutschen Kreditwirtschaft und der Deutsche Fondsverband bewerten Investitionen in Waffen und Rüstungsgüter als nachhaltig. Wie hält es die KD-Bank?

Thiesler: Wir haben dazu eine differenzierte Meinung. Verteidigung ist eine hoheitliche Aufgabe, das schließt Rüstungsausgaben ein. Daher kaufen wir weiter deutsche Staatsanleihen. Aber die Unternehmen der Rüstungsbranche stufen wir nicht als nachhaltig ein, weil sie nicht auf die 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung einzahlen. Es gibt keine Waffen, die nur der Verteidigung dienen. Im Übrigen benötigen Rüstungshersteller keine private Finanzierung, weil sie vom Staat finanziert werden.

Wie ist es mit Gas und Atomenergie?

Thiesler: Aus unserer Sicht sind beides keine zukunftsfähigen Energieträger. Sie werden für den Übergang benötigt, insbesondere das Erdgas. Die Zukunft gehört aber den erneuerbaren Energien. Hier fehlt uns in der Politik ein bisschen die Strategie, wir werden nach meiner Einschätzung gerade um fünf bis zehn Jahre zurückgeworfen. Wir finanzieren gern in diesem Bereich. Der Anteil der energetischen Finanzierungen an unseren gesamten Finanzierungen ist mit rund fünf Prozent jedoch noch gering, weil Umstellungen der Energiesysteme auf Wärmepumpe und Photovoltaik von den öffentlichen Kostenträgern noch nicht refinanziert werden.

Die Mitgliederzahlen und die Einnahmen der Kirchen werden weiter sinken. Was heißt das für Ihr Geschäftsmodell - bekommen das auch die kirchlichen Banken zu spüren?

Thiesler: Durch diese Faktoren wird es schwieriger werden, die Zukunftsaufgaben der Kirche zu erfüllen. Auf der anderen Seite wird die Diakonie mehr und mehr gebraucht - gegen eine weitere Spaltung der Gesellschaft und für Angebotsleistungen für die Schwächeren unserer Gesellschaft.

Was sind die Besonderheiten einer Genossenschaftsbank?

Thiesler: Ein großer Vorteil ist die Basisdemokratie: Jedes Mitglied hat eine Stimme, eine Kirchengemeinde zählt genauso viel wie eine Landeskirche. Es gibt einen festgeschriebenen Geschäftsanteil.
Wir haben eine echte Generalversammlung, zu der jedes Jahr mehrere hundert Mitglieder kommen. Zudem ist Gewinnmaximierung für uns kein Ziel, wir müssen solide wirtschaften, ausreichende Rücklagen bilden und eine Dividende zahlen können. Ansonsten können wir uns auf die Beratung konzentrieren.

Sie haben rund 27.000 Privatkunden, von denen erwartet wird, dass sie die christlichen Werte der KD-Bank teilen. Wie gehen Sie mit Funktionären der AfD unter Ihren Privatkunden um?

Thiesler: Nach unserem Verständnis passen die Ziele der AfD nicht mit dem christlichen Menschenbild zusammen. Kandidaten oder Mandatsträgern der Partei, die Kunden bei uns waren, haben wir deshalb gekündigt. Für diese Haltung haben wir von unseren Kundinnen und Kunden viel Unterstützung erfahren.

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Vorstandsvorsitzende der KD-Bank: Ekkehard Thiesler | Foto: epd-bild / Andreas Buck
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