Freitag, vor eins ...
Unsere Seite 1 - Alles Fake?

G+H Nr. 21 vom 24. Mai 2020 | Foto: G+H

Dass in der Corona-Krise die Menschen vor Kreativität nur so sprudeln, um das Beste aus der schwierigen Situation zu machen, wird keiner bestreiten. Doch Moment: Welche "Situation" eigentlich? Fragt man jene, die an Verschwörungstheorien glauben, ist die Krise Quatsch. Eine bloße Inszenierung, um eine neue Weltordnung zu schaffen. Was ist da passiert? Sozialpsychologin und Buchautorin Pia Lamberty hat eine Antwort.

Tolle Ideen, die aufhorchen lassen, zum Nachahmen animieren oder ein Lächeln ins Gesicht zaubern, sprießen gerade deutschlandweit aus dem Boden. In Garbsen bei Hannover zum Beispiel hat ein Pfarrer im April vor seinem Gemeindehaus einen Tisch aufgebaut - und Toilettenpapier an Passanten verschenkt. Oder in Stuttgart. Da hat die katholische Gemeinde in der Domkirche St. Eberhardt einen "Masken-Contest" ausgelobt, um für das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Gottesdienst zu werben. Oder im niedersächsischen Einbeck. Hier hat Pastorin Elsa Höffker auf dem Dorfplatz einen «Glücksbaum» aufgestellt, an dem Ideen für den Zeitvertreib zu Hause gesammelt werden.

Wozu, fragen da manche. Corona, das ist doch nur Fake, behaupten sie und wittern eine Verschwörung. «Ich habe die Vermutung, dass eine weltweite Pandemie wie Corona ein Verstärker ist für Verschwörungsglauben, der aber schon vorher da war», sagt die Sozialpsychologin Pia Lamberty. Der Grund dafür, da ist sich die Co-Autorin des Buches «Fake Facts. Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen» sicher: Das Thema ist auf einmal persönlich geworden. "Viele haben im eigenen Umfeld die Erfahrung gemacht, dass Verschwörungserzählungen oder auch Versatzstücke davon geteilt werden - und das unabhängig vom Bildungsstand", so Lamberty. Soziale Netzwerke wie Facebook und auch Videoplattformen wie Youtube hätten einen großen Effekt, denn die Geschichten werden dort verbreitet. "Die Plattformen machen zu wenig gegen Verschwörungsglauben, da sehe ich Handlungsbedarf. Es gibt keine Strategie der gezielten Ent-Verschwörung", kritisiert die Autorin und mahnt eine gesellschaftliche Debatte über das Thema an. "Wir müssen analysieren, welche Strategien es dagegen geben kann."  
 
In unserer aktuellen Ausgabe der Kirchenzeitung eröffnen wir die Debatte schon mal: Mit einem Titelbeitrag von Andreas Fincke. Der Hochschulpfarrer und Leiter der Erfurter Stadtakademie schreibt über Verschwörungen, Intrigen, Hinterhältigkeiten und Menschen, die Zusammenhänge sehen, wo keine sind.  Gute Lektüre!

Aktuelles

  • Kirche und Diakonie: Die Corona-Krise sorgt dafür, dass die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte und die oft verzweifelte Situation pflegender Angehöriger stärker zum Thema werden. Ob sich etwas daran ändert, wird sich zeigen. 
  • Der Mann mit der Lutherrose: Zum Schutz vor dem Coronavirus müssen die Führungen im Erfurter Augustinerkloster noch aussetzen. Ab 15. Juni wird es wieder möglich, die Lutherzelle oder den Kreuzgang zu besichtigen. Michael Utzel führt seit vier Jahren Interessierte durchs Kloster. Bernd Prigge hat mit dem 39-jährigen Religionswissenschaftler gesprochen. 
  • Das Virus hat die Welt im Griff: Wie sieht der Alltag von Gemeinden in anderen Ländern aus? Fünf kleine Einblicke.

Blickpunkt

Die Verschwörung
Bürgernähe auf Abstand
Streitbare Demokratie

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Entschleunigung als Chance!
Sintflut, Plagen, Apokalypse

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Autor:

Beatrix Heinrichs

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