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Deutsche Einheit
Nachwendezeit ist noch nicht aufgearbeitet

Foto: epd-bild/Jens Schulze

Eisenach (kna)- Die Thüringer Ethnologin Juliane Stückrad (46) sieht in der unaufgearbeiteten Nachwendezeit eine Ursache für eine gesellschaftliche Spaltung in Ostdeutschland. Dies werde oft gar nicht thematisiert, "aber die Leute wissen es, und dadurch herrscht ein gewisser Argwohn", sagte Stückrad.

"Zum Beispiel in den Verwaltungen haben wir ein Problem: Viele von den sogenannten 'Roten' haben sich 1990 schnell wieder ihre Posten gesichert. Es gibt diese Fälle von Parteisekretären, die nach der Wende im Arbeitsamt saßen und die Arbeitslosen aus ihren ehemaligen Betrieben berieten. Hier ist ein großes Konfliktpotenzial", so die Volkskundlerin.

Zudem würde sie sich wünschen, "dass Westdeutsche, die in Ostdeutschland leben, die viel mitbewegt haben, aber auch enorm profitiert haben, ihr Dominanzverhalten mehr reflektieren", sagte Stückrad mit Blick auf die Übernahme vieler Leitungspositionen durch Westdeutsche nach der Wende. Dass sie "mehr hinterfragen, ob die Welt, aus der sie kommen, die Lösungsmodelle liefert, die wir hier brauchen", so die Wissenschaftlerin weiter. "Diese schwierige Gemengelage macht so manchen Ostdeutschen vielleicht anfälliger für das Versprechen von einfachen Lösungen."

Auch im kirchlichen Umfeld im Ostdeutschland gebe es Anfälligkeiten für rechtsextreme Tendenzen, sagte die Volkskundlerin, die über ihre "Feldforschung" in Ostdeutschland jetzt ein Buch geschrieben hat. "Es gibt etwa im Vogtland evangelikale Strömungen, die in einigen Dörfern sehr meinungsprägend sind und auch zu einem gewissen Konservatismus neigen", so Stückrad. "Man müsste einmal genau überprüfen, ob hier rechte Tendenzen wirklich nur mit der DDR-Sozialisation zusammenhängen oder auch mit einem Weltbild, das aus einem sehr konservativen evangelikalen Christentum gespeist wird."

Weiter wies sie darauf hin, dass das demokratische System der Bundesrepublik für ehemalige DDR-Bürger "nicht naturgewachsen" sei. "Wir sehen es eben auch als ein System an, zu dem man eine Haltung aufbaut." Entsprechend sollten Ostdeutsche in der aktuellen angespannten politischen Situation auf "ihre Kompetenzen, die sie in der Transformationszeit erlangt haben, zurückgreifen und sagen, wir haben schon mal eine Krise recht gut durchlebt und durchgestanden", erklärte Stückrad. Sie könnten gelassener sein.

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Online-Redaktion

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