Deutsch-Israelische Gesellschaft
Kritik an Radioanadacht

Foto: Deutsch-Israelische Gesellschaft

Ein geistlicher Impuls des Pressechefs der EKM, Kirchenrat Ralf-Uwe Beck, in der MDR-Hörfunksendung "Augenblick mal" (vom 16. Juni) löst breite Kritik aus. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Thüringen und der Förderverein für Jüdisch-Israelische Kultur in Thüringen wenden sich nun in einem Offenen Brief an Friedrich Kramer. Darin kritisieren sie die Darstellung in der Morgenandacht und fordern den EKM-Landesbischof auf, sich von den Aussagen des Kirchenrats Beck zu distanzieren. Wir veröffentlichen den Offenen Brief hier im Wortlaut.

Sehr geehrter Herr Landesbischof Kramer,

mit großer Sorge beobachten auch wir das Kriegsgeschehen in Israel und im Gaza. Wir wissen, dass die Flächenbombardements der israelischen Armee zu einer viel zu hohen Anzahl ziviler Opfer und die faktische Blockade der Versorgung der Zivilbevölkerung zu humanitär unerträglichen Zuständen geführt haben. Wir wissen auch, dass die Kritik an dieser Entgleisung der berechtigten Selbstverteidigung Israels nach dem Überfall der Hamas vom 7. Oktober 2023 und dem israelischen Premierminister Netanjahu als Oberbefehlshaber in Israel selbst sehr breit geteilt wird. Ein Antrag der israelischen Opposition auf Neuwahlen mit dem Ziel der Abwahl der rechtsnational gestützten Regierungskoalition ist in der Knesset erst vor kurzem nur mit sehr knapper Mehrheit gescheitert.

Hintergrund

Der geistliche Impuls des Eisenacher Pfarrers und Sprechers der EKM, Ralf-Uwe Beck, im Programm des MDR-Hörfunks hat innerhalb der Landeskirche für Spannungen gesorgt. Beck hatte als Privatperson in dem am 16. Juni veröffentlichten Morgenwort die Reaktion Israels auf „das unglaublich brutale Massaker der Hamas am 7. Oktober“ als „Völkermord“ bezeichnet.

Es betrübe ihn sehr, dass der Pressesprecher seiner Kirche das militärische Vorgehen Israels im Nahost-Konflikt in einer Weise kommentiert habe, die er nur als eine Verdrehung der Tatsachen wahrnehmen könne, sagte etwa der Beauftragte der Evangelischen Kirchen beim Land Thüringen, André Demut. 

Beck: Das darf als Aufruf zum Völkermord gelesen werden

Erfurts Regionalbischöfin Friederike Spengler versicherte der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, die evangelische Kirche in Mittelthüringen stehe ohne jegliche Frage an der Seite der Jüdinnen und Juden in Deutschland. „Lassen Sie sich nicht verunsichern, auch wenn es in unserer Kirche Menschen gibt, die mit Blick auf den Krieg gegen Israel ihre eigenen Einschätzungen abgeben“, bat sie. 

Nicht nachvollziehen und mittragen können wir, dass der Blick auf das Geschehen im Gaza mittlerweile zu einer Täter-Opfer-Umkehr im Hinblick auf die Ursache des Krieges führt: Das präzise bis zu den Details der Misshandlungen geplante und in bisher nicht gekannter Grausamkeit durchgeführte Massaker an - und genau so war die Vorgabe der Hamas-Planung - möglichst vielen, dann schließlich über 1.200 unschuldigen Zivilisten jeglichen Alters und insbesondere auch Frauen, die in ihren Häusern und als Teilnehmende am Nova-Musikfestival überfallen, misshandelt und ermordet oder entführt wurden.

ln dieser Phase hat uns der Beitrag von Ralf-Uwe Beck im "Verkündigungsradio" des MDR vom 16. Juni erschüttert und empört.

Jüdische Landesgemeinde fühlt sich im Stich gelassen

Den Text dürfen wir bei Ihnen als bekannt voraussetzen. Der Sprecher rühmte sich seines Mutes dafür, das Vorgehen Israels im Gaza zum vorsätzlichen Völkermord zu erklären. Er schlussfolgerte dies aus einer Anspielung auf einen Text des Alten Testaments, die Netanjahu Ende Oktober 2023 getätigt hat. Allerdings zitierte Netanjahu seinerzeit nur einen Teil der Geschichte und nicht den Passus des Aufrufs zur Ausrottung der Amalekiter, auf den sich der Beitrag von Herrn Beck stützt. Aus dieser Unredlichkeit im Zitieren wurde aber schlankweg von Herrn Beck der Völkermord-Vorwurf an den Staat Israel abgeleitet.

Wir können und wollen uns nicht vorstellen, dass eine derart unredliche Propaganda, die wir gemeinsam mit dem Vorsitzenden unserer Jüdischen Landesgemeinde in ihrer Wirkung dem israelbezogenen Antisemitismus zuordnen müssen, ein christliches Morgenwort Ihrer Kirche sein soll.

Mitteldeutsche Kirche uneins im Nahost-Konflikt

Wir erhoffen uns von Ihnen eine Distanzierung der EKM und Entschuldigung für diesen vergifteten Morgengruß und Vorkehrungen für einen redlichen Umgang mit Israel, jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgerinnen und nicht zuletzt der Thüringer und Erfurter Zivilgesellschaft, die in unseren Vereinen seit Jahren den offenen und respektvollen - und bei Bedarf auch kritischen - Austausch zur Verständigung pflegt, achtet und fördert.

Unterzeichner: Matthias Tarwitz, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, AG Erfurt, und Dorothea Marx, Vorsitzende des Fördervereins für Jüdisch-Israelische Kultur in Thüringen e.V.

Autor:

Online-Redaktion

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