SED-Opferbeauftragte
Kaum Anerkennung von Schäden

Die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur, Evelyn Zupke, hat ihren Jahresbericht in Berlin vorgestellt.  | Foto: epd-bild/Christian Ditsch
  • Die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur, Evelyn Zupke, hat ihren Jahresbericht in Berlin vorgestellt.
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Ehemalige DDR-Bürger haben es noch immer schwer, gesundheitliche Folgen etwa von Inhaftierung anerkennen zu lassen. Die SED-Opferbeauftragte fordert eine Neuausrichtung der Verfahren. Sachbearbeitern fehle es an Wissen.

Die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur, Evelyn Zupke, hat mangelnde Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden beklagt. «Weiterhin scheitert die breite Mehrheit der Betroffenen mit ihren Anträgen», erklärte Zupke am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung ihres zweiten Jahresberichtes an den Bundestag. Die Opferbeauftragte nannte es «dramatisch», dass zwischen
80 und 90 Prozent der Anträge keinen Erfolg hätten.

Das bisherige Anerkennungssystem sei gescheitert. Zupke kritisierte den Ermessensspielraum der jeweiligen Sachbearbeiterinnen und -bearbeiter. Bei den Verfahren sollte ebenso wie bei Soldatinnen und Soldaten vorgegangen werden, die in Auslandseinsätzen geschädigt wurden. Eine entsprechende Regelung, bei der anhand von klar definierten Kriterien der Zusammenhang zwischen einem schädigenden Ereignis und dem heutigen Gesundheitsschaden als gegeben vorausgesetzt wird, sei auch für SED-Opfer nötig.

Zupke machte auf die schwierige Lage von Teilnehmenden des Volksaufstands in der DDR vom 17. Juni 1953 aufmerksam. Der 70. Jahrestag des Aufstands fordere dazu auf, «etwas für diese Menschen zu tun, die für Freiheit und Selbstbestimmung in der DDR gekämpft haben». Heute lebten viele Betroffene aufgrund ihrer gebrochenen Biografien teils in prekären sozialen Verhältnissen.

Die SED-Opferbeauftragte sagte weiter, die Preise für Lebensmittel sowie die Kosten für Strom, Heizung und Mieten seien im vergangenen Jahr stark gestiegen, während die Opferrenten seit Jahren auf dem gleichen Niveau verharrten: «Wir brauchen dringend die im Koalitionsvertrag vorgesehene Dynamisierung der Opferrente, einen besseren Schutz vor Altersarmut und den bundesweiten Härtefallfonds.»

Die Zuständigkeit für den geplanten Fonds sei noch immer nicht geklärt, monierte sie. Sie rief zudem zu mehr Aus- und Fortbildung über SED-Unrecht für Mitarbeitende von Behörden auf. Ferner gelte es, die Forschung zu diesem Thema stärker zu unterstützen.

Der Leiter der Geschäftsstelle der Bundesbeauftragten, Niels Schwiderski, wies auf die Aufarbeitung von Zwangsarbeit in DDR-Gefängnissen hin. So seien beispielsweise 80 Prozent der in der Haftanstalt Cottbus hergestellten Kameras in Westdeutschland verkauft worden. Dabei hätten mangelnde hygienische Zustände geherrscht. Regeln des Arbeitsschutzes seien nicht eingehalten worden. Die bis zu 250 an der Produktion beteiligten Menschen seien aus politischen Gründen inhaftiert gewesen. Sie seien mit stark ätzenden Materialien in Kontakt gekommen. Als dies 1976 bekannt wurde, hätten einige Unternehmen wie Kaufhof den Vertrieb der Kameras eingestellt. Andere Unternehmen hätten die Kameras weiter verkauft.

Zupke äußerte sich enttäuscht über Reaktionen eines großen Versandhändlers auf ihr Angebot, gemeinsam die ehemalige Produktionsstätte in Cottbus zu besuchen. Dies sei eine «verpasste Chance, den ehemaligen Häftlingen Respekt zu zollen». Es gehe nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen, sondern Zwangsarbeit aufzuklären. (epd)

Autor:

Katja Schmidtke

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