Zwischen Freude und Skepsis
Christen erleben bevorstehende Rückkehr der Geiseln

- Foto: epd-bild/Tim Wegner
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Christen aus aller Welt reisen Jahr für Jahr im Herbst zum Laubhüttenfest nach Israel, um ihre Solidarität mit den Juden zu bekunden. Dieses Mal erlebten sie dort Dankbarkeit, Freude, aber auch Skepsis nach der Verkündung des Friedensplans.
Von Martina Schwager
Stephan Lehnert (52) saß am Montagmorgen im Flugzeug aus Tel Aviv nach Frankfurt, als ihn und die übrigen Passagiere die Nachricht von der Freilassung der Geiseln erreichte.
«Neben mir saß eine 17-jährige Jüdin mit ihrer Oma. Die Freude und Erleichterung war natürlich riesengroß», berichtet der Geschäftsführer des deutschen Zweiges der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem (ICEJ), der in Stuttgart ansässig ist. Er habe gemeinsam mit den beiden Frauen an Bord die Vorgänge in Israel im Livestream verfolgt. «Sie waren froh, dass die Freigelassenen in einem einigermaßen guten Zustand zu sein schienen, auch wenn zwei Jahre in den Terrortunneln sichtbare Spuren hinterlassen haben.»
Zugleich hätten sie auch von ihrer Anspannung berichtet, weil noch nicht klar gewesen sei, ob auch alle verstorbenen Geiseln von der Terrororganisation Hamas an Israel übergeben werden, sagt Lehnert während der Autofahrt vom Frankfurter Flughafen nach Stuttgart. «Sie hoffen sehr darauf, dass sie die Leichname endlich beerdigen können.» Während der neuntägigen Reise der ICEJ-Gruppe durch Israel zum jüdischen Laubhüttenfest habe er bei den Menschen immer wieder gespürt, wie sie seit Bekanntwerden des Friedensplans von US-Präsident Donald Trump zwischen Freude und Misstrauen schwankten.
«Sie haben so oft erlebt, dass die Hamas ihre Versprechen nicht eingehalten hat.»
Der 1980 von Christen aus mehr als 20 Ländern gegründete Verein ICEJ setzt sich gegen Antisemitismus und für Solidarität mit Israel ein. Er verweist auf die jüdischen Wurzeln des Christentums und veranstaltet unter anderem jährlich Reisen nach Israel zum Laubhüttenfest. In diesem Jahr nahmen rund 1.500 Christen verschiedener Konfessionen aus 71 Ländern an der Reise teil.
Höhepunkte seien vor allem die Begegnungen auf dem «Platz der Geiseln» in Tel Aviv gewesen, nachdem die bevorstehende Befreiung verkündet worden sei, berichtet Rebecca Schiffkowski aus Löningen bei Cloppenburg. Sie engagiert sich seit mehreren Jahren ehrenamtlich in der ICEJ und gehörte zu den knapp 60 Israel-Reisenden aus Deutschland. «Auf dem Platz haben wir vor allem große Hoffnung und Freude und Erleichterung gespürt.» In den Gesprächen sei aber auch die Unsicherheit über die weitere Entwicklung deutlich geworden: «Die Israelis wollen keinen Krieg. Aber solange die Hamas noch stark ist, glauben sie nicht an einen Frieden.»
Die Menschen seien überaus dankbar gewesen, dass sie sich als Christen solidarisch gezeigt hätten, sagt die 45-Jährige unmittelbar nach der Rückkehr in Deutschland: «Wir haben immer wieder gehört:
'Die ganze Welt hasst uns. Wir schön, dass ihr auf unserer Seite steht!'» Die Gruppe aus Deutschland sei häufig mit der israelischen Flagge und der Deutschland-Fahne auf den Straßen unterwegs gewesen.
«Die Menschen kamen auf uns zu und wollten wissen, warum wir dort sind. Dann haben sie uns umarmt und waren einfach nur gerührt. Viele haben geweint.»
Trotz des Terrors der Hamas hofften die Israelis auf einen dauerhaften Frieden, ist Stephan Lehnert überzeugt. «Die Hoffnung war immer da, auch über all die Jahre, als Raketen aus dem Gaza-Streifen auf Israel geflogen sind.» Die Israelis seien trotz allem nicht verbittert, so habe er es erlebt. Allerdings sei dafür ein grundlegendes Umdenken in den Köpfen und Herzen der Menschen im Gaza-Streifen notwendig: «Die Hamas muss sich vollständig vom Terror lossagen.»
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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