Positionen nicht infrage stellen
Aufrüstung ist falsches Zeichen

Etwa 100 Menschen zogen an Karsamstag im Anschluss an einen Friedensgottesdienst in der niedersächsischen Ortschaft Unterlüss zum Werk des Rüstungskonzerns Rheinmetall und hielten dort eine Kundgebung ab. Sie forderten ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine und ein Ende von deutschen Waffenlieferungen in alle Welt. | Foto: epd-bild/Christian Ditsch
  • Etwa 100 Menschen zogen an Karsamstag im Anschluss an einen Friedensgottesdienst in der niedersächsischen Ortschaft Unterlüss zum Werk des Rüstungskonzerns Rheinmetall und hielten dort eine Kundgebung ab. Sie forderten ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine und ein Ende von deutschen Waffenlieferungen in alle Welt.
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Vertreter der kirchlichen Friedensbewegung haben mit Blick auf den Krieg in der Ukraine appelliert, die mühsam erkämpften friedensethischen Positionen in den Kirchen und in der Zivilgesellschaft nicht infrage zu stellen.

Von Angela Stoye

Wer jetzt von einer „Zeitenwende“ spreche“, stelle infrage, dass „unsere Entspannungspolitik sinnvoll war“, heißt es in einem vorige Woche veröffentlichten Papier. Unterzeichner sind neben der Pfarrerin und früheren Ausländerbeauftragten des Landes Brandenburg Almuth Berger unter anderem der Erfurter Alt-propst Heino Falcke, der frühere Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Konrad Raiser, der frühere Pax-Christi-Generalsekretär Joachim Garstecki sowie die Mitbegründer und Mitglieder des Pankower Friedenskreises Ruth und Hans Misselwitz sowie Gudrun und Gerhard Rein.

Der Krieg sei ein Verbrechen und durch nichts zu rechtfertigen, heißt es in dem Papier weiter, auch nicht durch Fehler und Versäumnisse der USA und der NATO in den vergangenen drei Jahrzehnten. Dazu gehöre auch die – nicht eingehaltene – 1990 im Zuge der Verhandlungen zur deutschen Einheit gegebene Zusicherung, dass sich die NATO nicht in Richtung Osteuropa erweitern werde. Dies könne aber nicht als Legitimation für den Überfall auf die Ukraine dienen.

Nach Ende des Kalten Krieges seien viele Menschen überzeugt gewesen, dass die Entspannungspolitik, das Konzept der gemeinsamen Sicherheit und der „Wandel durch Annäherung“ ein tragfähiges, dauerhaftes neues Miteinander statt des alten Gegeneinanders eingeleitet hätte. „Diese Hoffnung hat getrogen.“ Dies heute aber nicht mehr wahrhaben zu wollen und die Politik des „Wandels durch Annäherung“ im Nachhinein zu denunzieren, „kommt für uns einer Geschichtsverfälschung gleich, gegen die wir Einspruch erheben“.

Die Solidarität der Unterzeichner gelte „den vom Krieg bedrängten Menschen in der Ukraine und den Menschen in Russland, die sich gegen den Krieg ihrer eigenen Regierung wehren“. Sie gelte ebenso den Priestern und Gläubigen der Russischen-Orthodoxen Kirche in Russland und der Ukraine, die unter der Zerrissenheit ihrer Kirche angesichts des Krieges leiden.

Es sei falsch, wenn jetzt in Deutschland über die notwendige Ausrüstung der Bundeswehr mit Verteidigungswaffen hinaus Aufrüstung für das richtige Zeichen gehalten wird. „Sicherheit und Frieden brauchen unverändert eine beispiellose politische Anstrengung“. Es sei falsch, wenn „fast wie in einem Überbietungswettbewerb“ russische Künstler, Wissenschaftler, Sportler, von denen eine symbiotische Nähe zu Russlands Regime nicht bekannt ist, von geplanten Auftritten im Westen ausgeschlossen werden“. Das sei das Gegenteil von Deeskalation, „für die wir uns einsetzen müssen, um der Gewalt ein Ende zu bereiten“.

Die Unterzeichner betonen: „Dass Deutschland jetzt angekündigt hat, seine historisch begründete außenpolitische Zurückhaltung gegenüber Russland aufzugeben, ist verständlich und problematisch zugleich.“ Ihr wohne die Gefahr inne, „dass ausgerechnet wir Deutschen gegenüber Russland als die moralisch Überlegenen wahrgenommen werden“. Dabei müsse doch alles darauf gerichtet sein, politische Rahmenbedingungen für einen Rückzug vom Krieg zu schaffen. „Wir dürfen uns nicht zu Feinden machen lassen“, heißt es. „Eine angemessene Antwort auf Russlands Aggression darf nicht darauf verzichten, darüber nachzudenken, was nach Ende des Krieges bewältigt werden muss, um mit Russland ein vereintes Europa zu schaffen.“

Autor:

Angela Stoye

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