Leserreise-Impressionen
Einmal im Leben - Passionsspiel in Oberammergau

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Die Reise wurde im Auftrag von „Glaube und Heimat“ von der Eberhardt TRAVEL GmbH durchgeführt. Sie begann am Hermsdorfer Kreuz, wo die Teilnehmer aus verschiedenen Orten mit Kleinbussen und Privat-Pkws am Morgen den 13.6. ankamen. Wir wurden vom Regionalbischof Dr. Johann Schneider begrüßt, der die geistliche Leitung der Reise hatte. Gegen 10 Uhr ging es mit dem Reisebus über die A9 nach Bayern.
Das erste Ziel war das Kloster Benediktbeuern. Nach dem Betreten staunten wir über den barocken Glanz. Für uns Evangelische ist das alles eher ablenkend als die Andacht fördernd. Aber den Mönchen sollte es einen Vorgeschmack auf den Himmel geben. Wir hatten eine Klosterführung, bei der wir über die Geschichte und Gegenwart und die geistliche Bedeutung der Kunstwerke informiert worden. Das Kloster wurde von den Benediktinern vor ca. 1300 Jahren gegründet. Es sah damals noch völlig anders aus. Durch Ländereien und wirtschaftliche Tätigkeit wurde es reich. So konnte von 1669 bis1679 die prunkvolle barocke Kirche und der mit einzigartigen Gemälden versehene Festsaal errichtet werden. Im Jahre 1803 gab es in Bayern eine Säkularisierung, die zur Auflösung des Klosters führte. In den folgenden Jahren wurden die Gebäude vom bayrischen Staat genutzt, die Kirche wurde Gemeindekirche. 1930 erwarben die Salesianer Don Boscos das Kloster und arbeiten seitdem in der Jugendhilfe und Bildung.
Das nächste Ziel war das Klosterhotel Ettal, wo wir aßen und übernachteten.
Während der Busfahrt hatten wir bei herrlichem Wetter Ausblick auf die Alpen. Für Menschen, die die braunen Wälder in der Brockenregion kennen, waren die bis in Höhe grünen Fichten sehenswert.
Am Morgen des 14. Juni fuhren wir nach Oberammergau. Dort wurden wir an der evangelische Kreuzkirche vom Ortspfarrer Pater Sachi begrüßt. Wir feierten mit ihm und einer englisch-sprachigen Gruppe einen Abendmahlsgottesdienst. Seine Pfarrei umfasst 14 Orte. Die Diaspora dort ist so ähnlich wie unsere Situation hier. Er verabschiedete uns mit den Worten: “Wir sehen uns heute Nachmittag, ich singe im Chor.“ Auch der aus seinem Trecker grüßende Landwirt war ein Mitwirkender.
Dann konnte sich jeder individuell den Ort ansehen. Beeindruckend sind die in der Region üblichen Lüftelmalereien. Damit werden an den Fassaden architektonische Elemente und oft auch Bilder gemalt. Auffällig auch die vielen Holzschnitzer.
Vor der Aufführung hatten wir im kleinen Theater des Ortes eine Einführung. Vor fast 400 Jahren begann die Geschichte der Passionsspiele in Oberammergau. Die Pest wütete in vielen Teilen Europas und machte auch vor Oberammergau nicht halt. Um dem Elend ein Ende zu setzen, beschlossen die Oberammergauer ein Gelübde abzulegen. 1633 schworen sie, alle zehn Jahre das Leiden und Sterben Christi aufzuführen, sofern niemand mehr an der Pest stirbt. Das Dorf wurde erhört und so spielten die Oberammergauer 1634 das erste Passionsspiel. Ihr Versprechen haben die Oberammergauer bis heute gehalten. Die Passionsspiele 2020 mussten aufgrund der Corona-Pandemie um zwei Jahre verschoben werden. Somit finden die 42. Passionsspiele nun von 14. Mai bis 2. Oktober 2022 statt.
Zunächst durften nur katholische Eingeborene mitwirken. Heute sind aber auch evangelische Christen, Andersgläubige, Atheisten und Zugezogene dabei. Sogar 2 Moslems wirken mit. Alle wichtigen Rollen sind doppelt besetzt, denn die Darsteller haben auch noch ihre Berufstätigkeit bzw. Schule oder Ausbildung.
Am Anfang fanden die Passionsspiele auf dem Friedhof auf einer einfachen Holzkonstruktion statt. 1830 wurde am heutigen Standort eine größere Bühne errichtet und Platz für 5000 Zuschauer geschaffen. Inzwischen ist die Zuschauerhalle überdacht. Das Stück, Bühnenbild und Kostüme sind nicht jedes Jahr gleich. So gibt es in diesem Jahr Standbilder, die Bezüge zum Alten Testament veranschaulichen.
Von 14:30 bis 17:00 Uhr fand der erste Teil des Passionsspieles statt. Danach war Zeit, um zum Hotel zu fahren und das Abendessen einzunehmen. 19:00 bis 22:30 Uhr gab es dann den zweiten Teil. Beeindruckend ist die Professionalität der Darsteller. Die Sänger, Musiker und Schauspieler haben offenbar in den Jahren dazwischen entsprechende Ausbildung. Erstaunlich auch die große Zahl der Mitwirkenden, besonders wenn man bedenkt, dass sie alle aus einem Dorf sind.
In dem Stück befinden sich außer den bekannten Zitaten aus dem Neuen Testament Dispute unter den Jüngern und dem hohen Rat, der sich keineswegs einig über die Person Jesu war. Beeindruckend ist die Darstellung und schauspielerische Leistung des Judas, der an seiner Schuld zerbricht. Die körperliche Leistung der Kreuzigung und Kreuzesabnahme ist ebenfalls nicht ohne.
Alles in allem ein beeindruckendes Spiel, das sich lohnt zu besuchen.
Der Mittwoch begann mit einer Führung durch das Benediktinerkloster Ettal. Es war 1330 von Kaiser Ludwig dem Bayern gegründet und nach einem Brand 1744 im Stil des Rokoko neu erbaut worden. Auch hier wieder prunkvolle Kunstwerke und ein Klosterladen mit Bier, Likör und anderen Dingen.
Danach fuhren mit dem Bus nach München zur Asam-Kirche. Diese war von den Baumeistern und Künstlern Gebrüder Asam als Privatkapelle und zur Veranschaulichung ihres Könnens gebaut worden. Erst später wurde sie öffentlich. Sie ist in die Häuserfront der Sedlinger Straße eingefügt. Hier trafen wir den Weihbischof Graf von Stolberg. Der Rang entspricht etwa dem eines Regionalbischofes oder Probstes bei uns. Wir sprachen miteinander über die Ökumene und die jeweilige kirchliche Situation. So ist München längst nicht mehr so katholisch wie früher. In den letzten Jahrzehnten sind viele Evangelische, Andersgläubige und Atheisten zugezogen.
Dann ging es wieder zurück nach Thüringen. Wir bedankten uns bei Dr. Schneider und dem Busfahrer für diese wunderschöne Reise.

Einige Foto-Impressionen, ergänzend zum Bericht, stammen v. Reiseteilnehmer Ralf Hellriegel.

Autor:

Uta Köstler

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