Opferberatung der EKM hilft
Corona und Rassismus

Querdenker-Demonstrationen: Laut Ezra auch ein Sammelbecken u. a. für Rassismus und Hass | Foto: epd-bild/Jens Schulze
  • Querdenker-Demonstrationen: Laut Ezra auch ein Sammelbecken u. a. für Rassismus und Hass
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Rechte Gewalttäter sehen sich inzwischen häufig als Vollstrecker eines Volkswillens legitimiert." So charakterisiert Franz Zobel eine aus seiner Sicht gefährliche gesellschaftliche Entwicklung, die in blutigen Zwischenfällen, Hass und Hetze zum Ausdruck komme.

Von Paul-Philipp Braun

Er ist Sprecher der Opferberatung Ezra, die sich in Trägerschaft der EKM befindet und Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen berät. "An uns können sich alle Menschen wenden, die unter Gewalt, aber auch massiven Bedrohungen durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit leiden", erklärt Zobel.

Neben psychosozialer und rechtlicher Beratung begleiten die Ezra-Mitarbeiter Betroffene auch zum Gericht oder zur Staatsanwaltschaft, unterstützen bei der Antragstellung für Entschädigungen und leisten eine fallbezogene Öffentlichkeitsarbeit.
"Mit dieser wollen wir auf die Gefahr durch Diskriminierung und Rassismus aufmerksam machen und zugleich den Menschen, die davon betroffen sind, zeigen, dass wir für sie da sind", sagt Zobel. Ezra dokumentiert im Internet Fälle von rechter Bedrohung und Gewalt. Zobel: "Seit 2015 kommt es in Deutschland zu einer Eskalation rassistischer Gewalt, seit Ende 2020 haben wir von Bedrohungen im Kontext von Corona erfahren."
Jährlich wird eine Statistik der erfassten Fälle vorgestellt. "Auch und gerade im Umfeld von Querdenkern und Corona-Leugnern stellen wir fest, dass rechte, antisemitische und rassistische Gewalt sich leicht entladen kann." Hinzu käme, sagt Zobel, der sogenannte Corona-Rassismus, der zu Beginn der Pandemie asiatisch erscheinende Personen betroffen habe.

Zobel glaubt, eine Enttabuisierung im öffentlichen Diskurs zu erkennen. "Inzwischen sind viele Dinge aussprechbar, die es vorher nicht waren", beklagt er. Das betreffe seiner Meinung nach auch die parlamentarische Diskussionskultur. Vor allem die AfD befördere in Reden und mit ihrer parlamentarischen Arbeit Ausgrenzung und Rassismus. Zobel sieht eine gefährliche Tendenz, dass bei Demonstrationen beispielsweise gegen die Corona-Maßnahmen Rassisten, Neonazis und besorgte Bürger gemeinsam auftreten.

In der Regel wenden sich die Betroffenen direkt an die Beratungsstelle, so Zobel. Teilweise kämen sie auf Empfehlung von Kooperationspartnern. Auch die Polizei sei verpflichtet, Opfer rassistisch motivierter Gewalt an Ezra zu vermitteln. Damit das zukünftig besser umgesetzt werde, wünscht sich Zobel eine stärkere Sensibilisierung der Einsatzkräfte.
"Wir arbeiten bei unseren Beratungen nach professionellen Schemen, passen uns aber immer den Umständen an", sagt Zobel und betont die "betroffenenbezogene Parteilichkeit" als Grundsatz der Ezra-Arbeit. Das Team aus Psychologen, Sozialarbeitern und Sozialwissenschaftlern arbeitet mobil mit den Betroffenen in deren Umfeld zusammen.

Ezra wird im Rahmen des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „Denk Bunt“ und des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert. Auf der Internetseite bietet Ezra Hilfe und Unterstützung in elf Sprachen an. Bei Ezra handelt es sich um einen Vornamen mit aramäischen Wurzeln. Der Name lässt sich übersetzen als »Hilfe« oder »Gott ist Hilfe«.

Autor:

Paul-Philipp Braun

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