Wochenlied-Serie – Folge 2
Jesus der Retter und Befreier

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Das Evangelische Gesangbuch feiert sein 500-jähriges Jubiläum. In einer Serie stellen Kirchenmusiker aus Mitteldeutschland einmal im Monat ein Wochenlied vor. Diese Folge dreht sich um das Lied »Du schöner Lebensbaum des Paradieses« (EG 96).
Von Ingrid Kasper
Du schöner Lebensbaum des Paradieses, gütiger Jesu, Gotteslamm auf Erden. Du bist der wahre Retter unsres Lebens, unser Befreier«, lautet die erste Strophe des Liedes. Wenn ich das Passionslied »Du schöner Lebensbaum des Paradieses« musizieren und singen darf, habe ich immer das Bild des Kruzifixes eines unbekannten Meisters in der Lorenzkirche in Nürnberg vor Augen. Das Kreuz, das statt als Folterinstrument als wunderschöner Baum mit Knospen und Blättern dargestellt ist, steht auf einem Regenbogen. Dieses Bild des Lebensbaumes verbindet uns mit vielen anderen Kulturen und Religionen, wo er eine Metapher für kosmische Ordnung ist und in Schöpfungsmythen und Genealogien vorkommt.
Das zweite Bild in diesem Lied ist das »Gotteslamm«, das nun ausschließlich für das Christentum steht. Mit dem Blut eines Lammes wurden die Türrahmen der Israeliten in ägyptischer Gefangenschaft besprengt, damit die Familien von der zehnten Plage, dem Sterben der Erstgeburt, verschont werden konnten. Das Passahlamm erinnert an dieses Ereignis und wird über das Bild des Gotteslammes mit dem gekreuzigten Jesus Christus als wahrer Lebensretter und Befreier in Verbindung gebracht.
Die weiteren Strophen beinhalten im ungarischen Original aus dem 17. Jahrhundert die sieben Worte Jesu am Kreuz. Im deutschen Text des Frankfurter Stadtjugendpfarrers Dieter Trautwein finden sich Anklänge an »Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun«, »Wahrlich, ich sage dir: heute noch wirst du mit mir im Paradies sein« und »In deine Hände befehle ich meinen Geist«.
Der Verfasser der ungarischen Urform dieses Chorals ist Imre Péczeli Király, der als Schulmeister und Pfarrer in Komárom an der Donau wirkte und sich in diesem Lied mit einem Akrostichon verewigt hat, indem jede der Strophen mit einem Buchstaben seines vollen Namens beginnt.
Die Melodie aus Siebenbürgen stammt aus dem 18. Jahrhundert und wirkt durch ihren »Mollcharakter« und die einfache Rhythmik wie ein besinnliches Volkslied. Eine starke Melodie, die am Ende jeden Verses musikalisch eine Quintessenz bringt: Unser Befreier! Lob auf den Lippen! Ewige Freude!
Dieser Choral weist mit alten Bildern, einer wunderschönen Melodie, mit Bibelworten und inniger Dichtung über die Passionszeit und auch persönliche Leidenszeiten auf die Auferstehung, Frieden und ewige Freude hin. Wenn ich dieses Lied singe oder unter dem Triumphkreuz in der Lorenzkirche stehe, spüre ich eine unbeirrbare Hoffnung, die vom gekreuzigten Jesus Christus ausgeht.
Die Autorin ist Landeskirchenmusikdirektorin der EKM.
Das Buch zur Serie ist hier bestellbar.
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Autor:Online-Redaktion |
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