Auf ein Wort
In unsicheren Zeiten leben

Wir leben in unsicheren Zeiten – noch jede Generation vor uns hat diese Erfahrung mindestens einmal im Leben machen müssen. Kriege, Epidemien, Wirtschaftskrisen haben die Menschheit durch ihre Geschichte begleitet. Ein Trost ist das für die, die davon betroffen sind, nicht. Denn jede Generation erlebt ihre Krisen und Verunsicherungen neu. Und jede Generation muss Antworten suchen und finden, damit umzugehen.

Von Albrecht Steinhäuser

Für uns hat bereits die Pandemie selbstverständlich Geglaubtes in Frage gestellt. Persönliche Nähe, Verdienstmöglichkeiten, Lebensqualität waren plötzlich massiv beeinträchtigt. Eingeschränkte Therapiemöglichkeiten haben viele verunsichert, je nach Lebenssituation mehr oder weniger. Erwartbar unterschiedlich haben Menschen auf die Beschränkung ihrer Freiheit reagiert. Ergeben und verängstigt die einen, andere mit einer Mischung aus Kritik und Verständnis, und einige haben ihren Zorn auf die Straße getragen. Bei aller auch erlebten Solidarität – das Miteinander hat Schaden genommen. Diskussionen sind unversöhnlich geworden, bis hinein in die Familien, Freunde haben sich einander entfremdet. Der in einer funktionierenden Demokratie wichtige Streit um die besseren Antworten ist nicht selten verkommen zur Diskreditierung derer, die aktuell in Verantwortung stehen.

Wir leben in unsicheren Zeiten – der Überfall Russlands auf die Ukraine hat uns diese Erfahrung noch einmal sehr drastisch vor Augen geführt. Und auch er hat selbstverständlich Geglaubtes in Frage gestellt. Ist die Stärke des Rechts etwa doch nicht robust genug gegen das vermeintliche Recht des Stärkeren? Braucht es eben doch die Abschreckung durch immer mehr Waffen? Was bleibt übrig von der Überzeugung, dass es eine Vision von Frieden geben muss über den Schrecken des Krieges hinaus, über zu liefernde Waffen und nötigen Beistand hinweg? In der Auseinandersetzung darüber sind auch Christenmenschen nicht zimperlich miteinander umgegangen.

Nicht nur durch diesen Krieg, aber mit ihm noch einmal sehr deutlich, zeigt sich die Verletzlichkeit unseres Lebensmodells, das auf hohen Verbrauch von Energie und anderen Ressourcen angelegt war und immer noch ist. Sind wir bereit, umzulernen und uns einzuschränken? Sind wir fähig zur Solidarität mit denen in unserem Land, die an die Grenzen des Leistbaren kommen? Zorn, der auf die Straßen drängt, löst jedenfalls keines der realen Probleme.

Wir leben in unsicheren Zeiten – für Christen war diese Feststellung immer schon verbunden mit der Frage, wer wir sind, was uns trägt und Hoffnung schenkt. Die Vergewisserung dessen kann uns helfen, die Unsicherheiten zu bestehen. Sie kann uns wach bleiben lassen für die Nöte der Menschen. Was trägt uns in unsicheren Zeiten? Die Antwort sollten wir auch denen nicht schuldig bleiben, die mit der Frage nichts anfangen können.

Der Autor ist Beauftragter der Ev. Kirchen bei Landtag und Landesregierung Sachsen-Anhalts.

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Online-Redaktion

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