800 Jahre Veste Coburg
Von Luther empfohlen

- Das erste der beiden Lutherzimmer: Von der damaligen Einrichtung der vom Reformator im Jahr 1530 bewohnten Räume ist nur noch wenig vorhanden.
- Foto: Veit-Mario Thiede
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Die zur Festung ausgebaute mittelalterliche Burganlage thront über der Stadt Coburg und wird auch fränkische Krone genannt. Bis zum 9. November ist eine Jubiläumsausstellung zu sehen.
Von Veit-Mario Thiede
Am 15. April 1530 traf Martin Luther im Gefolge von Kurfürst Johann dem Beständigen in Coburg ein. Die Reisegruppe zog bald weiter zum Reichstag nach Augsburg, auf dem die evangelischen Fürsten und Reichsstädte Kaiser Karl V. ihr Glaubensbekenntnis überreichten. Der mit dem Kirchenbann und der Reichsacht belegte Reformator blieb aus Sicherheitsgründen in der südlichsten Residenz des Kurfürstentums Sachsen zurück. Am 24. April wanderte er zur Veste Coburg hinauf, um zwei Zimmer zu beziehen. Er äußerte: „Es ist ein überaus reizender und für Studien geeigneter Ort.“ Luther war auf der Veste überaus fleißig: Er schrieb bis zur Abreise Anfang Oktober 120 Briefe, arbeitete an der Übersetzung des Alten Testaments und verfasste Bekenntnis- und Streitschriften wie den „Sendbrief vom Dolmetschen", in dem er seine Art der Bibelübersetzung verteidigte.
Über die Jahrhunderte verändert
Wer heute von der Altstadt hinauf zur Veste Coburg wandert, findet selbstverständlich nicht mehr alles wie zu Luthers Zeiten vor. Der ehemals kahle Festungsberg ist längst in einen Englischen Landschaftsgarten umgewandelt. Und die vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen und seinem Bruder Johann dem Beständigen zum Bergschloss ausgebaute Ringmauerburg rüsteten ihre Nachfolger zur mit Bastionen bewehrten Landesfestung um. Im 18. Jahrhundert setzte der schleichende Verfall der Veste ein.
Für deren Wiederherstellung sorgten die der Burgenromantik verfallenen Herzöge Ernst I. und Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha ab 1838. Sie sahen in der vom Schriftsteller Gustav von Heeringen zur Fränkischen Krone verklärten Veste ein Monument ihrer ernestinischen Dynastie und eine Luthergedenkstätte von nationaler Bedeutung. Nach den Worten von Niels Fleck, der die Sonderausstellung zum 800-jährigen Jubiläum der majestätischen Anlage kuratierte, überzogen die beiden vom Architekten und Denkmalpfleger Carl Alexander Heideloff beratenen Herzöge die Bauwerke der Festung mit einem neugotischen Schleier.
Als Carl Eduard 1905 die Regierungsgeschäfte übernahm, gab ein Geldgeschenk der Bevölkerung den Anstoß zur erneuten baulichen Überformung der Veste. Für die sorgte der Burgenforscher und Architekt Bodo Ebhardt bis in die 1920er-Jahre. Er beseitigte einen Großteil des neugotischen Zierrats und schreckte auch nicht davor zurück, mittelalterliche sowie frühneuzeitliche Bausubstanz zu vernichten und durch Neubau in historischen Formen zu ersetzen. So gehen die an der Stelle der Burgkapelle errichtete Lutherkapelle und der mit Fachwerk ausgestattete Fürstenbau auf seine Erneuerungsmaßnahmen zurück.
Burgherren und berühmte Gäste
Im Fürstenbau beginnt der Rundgang durch die Dauerausstellungen und die Sonderschau zum 800jährigen Jubiläum der Veste. Ihre Ersterwähnung geht auf eine Urkunde des Jahres 1225 zurück, mit der ein Streit geschlichtet wurde. Damals gab es auf dem Berg eine Burg und eine Niederlassung des Klosters Saalfeld. Bis heute ist der Burghof durch eine Mauer mit Rundbogentor zweigeteilt. Die Sonderschau berichtet anhand von Dokumenten, Modellen, Plänen, Objekten und Kunstwerken über die Baugeschichte bis hin zur Beseitigung der im Zweiten Weltkrieg durch Artilleriebeschuss erlittenen Schäden. Zudem erinnert sie an die Burgherren und ihre Gäste. Friedrich der Weise und Johann der Beständige sind mit erlesenen Porträts (um 1513) von der Hand Lucas Cranachs des Älteren vertreten. Ausgestellt ist auch ein Exemplar von Luthers „Sendbrief vom Dolmetschen“.
Gern gesehener Besucher der Fränkischen Krone war Prinzregent Albert, der Bruder Herzog Ernsts II. Ihn begleitete seine Gattin Victoria, Königin von Großbritannien und Irland. Ihr gemeinsamer Sohn Alfred war der vorletzte Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha. Auf ihn geht die prachtvolle Glassammlung der Dauerausstellung zurück. Ihr Enkel Carl Eduard war der letzte Herzog. Er dankte 1918 ab, behielt aber das Wohnrecht auf der Veste. Dort empfing er 1922 Hitler, der mit seinem SA-Schlägertrupp einen seinerzeit deutschlandweit in den Medien viel beachteten Marsch auf die Veste veranstaltete.
Die von der Bayerischen Schlösserverwaltung betreute Veste präsentiert prächtige Sammlungen. Über die Große Hofstube, die Gedeckte Batterie und zwei Etagen des Herzoginbaus verteilt, findet sich eine der bedeutendsten Kollektionen von Militär- und Jagdwaffen. Im Untergeschoss des Herzoginbaus stehen prunkvolle Schlitten und die beiden ältesten vollständig erhaltenen goldenen Hochzeitskutschen (1561 und 1586). Die Steinerne Kemenate wartet mit altdeutscher Kunst auf. Die Hauptrolle spielen Cranach der Ältere und der Jüngere, von dem die imponierenden Ganzfigurenbildnisse Luthers und Georgs III. von Anhalt (1475) zu sehen sind. Ein Gemälde Grünewalds zeigt das „Abendmahl“ (um 1500) mit gebratenem Lamm auf dem Tisch, von dem Christus Judas einen Bissen reicht. Hans Baldung Griens Gemälde der „Gefangennahme Christi“ (um 1518) stellt den Moment des Judaskusses dar.
Von Luthers Bett und Hedwigs Becher
Gegenüber der Großen Hofstube der Steinernen Kemenate befinden sich die beiden Zimmer, die Luther 1530 bewohnte. Bis auf die Holzdecken und eine mit Schnitzwerk versehene Tür ist nichts von der damaligen Einrichtung erhalten. Im zweiten Raum befinden sich Gemälde, die Luther, seine Frau Katharina und weitere Persönlichkeiten der Reformation in Ganzfigur zeigen. Gemalt hat sie Georg Konrad Rothbart für das 1844 eingerichtete, jedoch von Ebhardt aufgelöste "Reformatorenzimmer". Eine Kuriosität ist die bemalte Kopfseite eines Bettes, von dem man früher meinte, Luther habe darin geschlafen. Besucher der Veste verewigten darauf ihren Namen oder spalteten sich einen Span ab. Wertvollstes Objekt aber ist der "Hedwigsbecher" (11. Jh.). Benannt ist er nach der heiligen Hedwig von Schlesien, einer Tante der heiligen Elisabeth von Thüringen, aus deren Besitz er in die Wittenberger Heiltumssammlung Friedrichs des Weisen gelangte. Nach Auflösung der Reliquienammlung hielt Luther den Hedwigsbecher in Ehren.
Autor:Online-Redaktion |
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