Neues Buch zu Pessach
"Füllhorn von Anstößen"

Es ist das Fest der Freiheit: An Pessach erinnern Juden an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten. In diesem Jahr beginnt das Fest am Abend des 15. April und dauert bis zum 23. April.

Von Leticia Witte

Pünktlich dazu gibt es jetzt eine neue Schrift aus dem Leipziger Verlag Hentrich & Hentrich: die erste "Egalitäre Pessach Haggada" im deutschsprachigen Raum, wie Rabbinerin Elisa Klapheck erläutert. Das Buch enthält beispielsweise sprachlich die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, Noten für Lieder, Hintergrundinformationen sowie zusätzliche religiöse, politische, spirituelle und feministische Kommentare, um die Pluralität jüdischen Lebens auszudrücken.

Klapheck ist Herausgeberin der Haggada, zusammen mit dem Egalitären Minjan in Frankfurt am Main und dessen Kantor Daniel Kempin. Klapheck ist Rabbinerin des 2001 gegründeten Minjan, einer liberalen jüdischen Gemeinde innerhalb der Jüdischen Gemeinde in der Mainmetropole. Diese vereinigt unterschiedliche religiöse Strömungen von orthodox bis liberal. Der Minjan bietet Gottesdienste an, bei denen Männer und Frauen als "gleichberechtigt und gleichverantwortlich" verstanden werden.

Am Vorabend von Pessach steht das gemeinschaftliche Sedermahl auf dem Programm, bei dem nach einer bestimmten Ordnung (hebräisch: Seder) die biblischen Passagen vom Auszug aus Ägypten gelesen und Speisen mit symbolischer Bedeutung gegessen werden. An dem Abend lesen und singen Familien aus der Haggada. Dieses bebilderte Buch enthält die Erzählung des Auszugs aus Ägypten im zweiten Buch Mose, Handlungsanweisungen für den Seder-Abend und rabbinische Auslegungen.

Die "Egalitäre Pessach Haggada" ist reich bebildert im Stil einer Graphic Novel. Auch mit den Zeichnungen soll die Diversität im Judentum deutlich werden: So sind um den Tisch Menschen verschiedener Hautfarben versammelt; eine Frau trägt die Kopfbedeckung Kippa, was bei orthodoxen Juden lediglich Männer tun; Jungen und Mädchen nehmen gleichberechtigt an Riten teil; die zeitgenössische Tischgesellschaft bekommt Besuch von biblischen Gestalten – auch von Frauen; auf dem Teller liegen Speisen, die traditionell dort nicht vorgesehen sind.

Zum Beispiel eine Orange. Dazu schreibt die Hochschullehrerin Susannah Heschel in einem der zahlreichen Kommentare in dem Buch, dass sie selbst einmal an Pessach alle Anwesenden gebeten habe, eine Orangenspalte zu nehmen, einen Segensspruch zu sagen und sie zu essen – als Geste der Solidarität mit Menschen, die in der jüdischen Gemeinschaft marginalisiert seien. Heschel nennt als Beispiele Lesben, Schwule und Witwen. In anderen Kommentaren geben verschiedene Menschen Denkimpulse zu Themen wie Solidarität, Befreiung und Freiheit, Volk, Nation und zu Gottesbezeichnungen. Die Sprachen des Buches sind Hebräisch plus Transliteration und Deutsch.

"Ich bin mir sicher, dass diese Haggada einen wichtigen Meilenstein im jüdischen Leben in Deutschland setzt", betont Rabbinerin Klapheck anlässlich des Erscheinens des Buches. In ihrem Vorwort schreibt sie, dass die neue Haggada "bewusst an die jahrhundertealte Kreativität" anknüpfe, mit der das Pessachfest in verschiedenen Zeiten mit ihren jeweiligen Herausforderungen weiterentwickelt worden sei. So fänden sich darin auch Diskussionsbeiträge, die über die Jahre im Egalitären Minjan in Frankfurt an Seder-Abenden vorgetragen worden seien, etwa zu gegenwärtigen politischen Themen. Daher verstehe sich die Haggada nicht als abgeschlossenes Werk, sondern als "Füllhorn von Anstößen, auf die viele weitere folgen können".

 (kna)

Klapheck, Elisa (Hg.): Egalitäre Pessach Haggada, Hentrich & Hentrich, 176 S., ISBN 978-3-95565-512-9; 24,90 Euro

Autor:

Online-Redaktion

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