Interview
Nächstenliebe, die sich auszahlt

Martin Habelt | Foto: Leipziger Missionswerk

Entwicklungshilfe:  Können Partnerschaften auf Augenhöhe funktionieren, solange der eine die Arbeit des anderen finanziell unterstützt? Ja, sagt Martin Habelt, Geschäftsführer des Leipziger Missionswerks.Im Gespräch mit Antje Lanzendorf erklärt er, warum.

Seit einigen Jahren vermehren sich die Stimmen, die sagen, dass Entwicklungsprojekte, die über Spenden eingeworben werden, die Abhängigkeit der ärmeren Länder verstärken. Stört Geld in der Partnerschaft?
Martin Habelt: Geld ist zunächst einmal neutral. Es ist eine Ressource, die zu unserem Leben dazugehört. In vielen Partnerschaften von Initiativgruppen, Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und Einrichtungen in unserem Trägergebiet ist die monetäre Unterstützung des Partners ein gelebtes Zeichen intensiver Beziehungen, die die besonderen Herausforderungen der Partner aufgreifen und sich zu eigen machen. Schaut man in das Neue Testament, kann man feststellen, dass zwei Drittel aller Gleichnisse etwas mit Geld oder Handel zu tun haben. Im Wortschatz der Bibel ist Geld etwas Natürliches. Das zeigt, wie wichtig der Umgang damit ist. Die Bibel ist aber auch klar, wem das Geld dienen soll, nämlich dem Leben. Die entscheidende Frage ist der Umgang damit. Wird es als Machtmittel missbraucht oder ist es ein Mittel der Nächstenliebe? Gerechtigkeit teilen ist hier das Stichwort. Das gibt der Diskussion eine ganz andere Richtung.

Aber wird durch die Hilfsgelder nicht eine Abhängigkeit manifestiert?
Solange Geld geschickt wird, bleiben auch Strukturen erhalten, die eventuell nicht nachhaltig sind. Unsere Förderung erfolgt immer projektbezogen, das heißt für einen begrenzten Zeitraum. Verstetigende Faktoren müssen von den Projektpartnern in deren Planungen abgesichert werden. Wir prüfen diesen Aspekt bei den Anträgen und stellen gegebenenfalls entsprechende Rückfragen.

Projekte werden den Partnerkirchen also nicht „übergeholfen“?
Nein. Da sind sie vollkommen eigenständig. Sie kennen ihr Land und ihre Situation besser als wir. Die Projekte resultieren aus der Einschätzung der Notwendigkeit vor Ort. Wir sind eingeladen, an der Umsetzung teilzuhaben.

Wie stark ist denn die Abhängigkeit von ausländischen Geldern?
In Tansania zum Beispiel finanziert die Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania (ELCT) mit ihren Diözesen 87,6 Prozent ihres Haushaltsvolumen auf Diözesanebene über lokale Einnahmen. Die Differenz von 12,4 Prozent wird von den Mitgliedern der Lutherischen Missionskooperation und anderen Finanzierungsquellen abgedeckt.
Den Partnerkirchen ist aber auch bewusst, dass die Zuströme aus Europa konstant weniger werden, weil hier die Mitgliedszahlen zurückgehen. Sie sind daher bestrebt, ihre Arbeit aus eigener Kraft zu finanzieren und ihre Kernaufgaben abzusichern. Die Abhängigkeit von anderen Finanzquellen zu reduzieren, liegt in der Verantwortung der Kirchenleitungen.

Wie gelingt das vor Ort?
Viele Gemeinden haben Gästehäuser oder Hochzeitslocations oder bauen Avocadobäume an, betreiben Forst- und Landwirtschaft. Die wirtschaftliche Betätigung ist enorm wichtig für die Einnahmesituation der Partner. Nur mit den Kollekten, die anteilig an den Kirchenbezirk und die Gesamtkirche weitergereicht werden, können die kirchlichen Ebenen oft nur bedingt befriedigend wirtschaften. Ein staatliches Kirchensteuersystem wie bei uns gibt es ja nicht. Wir tun gut daran, wenn wir die Partner dabei unterstützen. Hilfe zur Selbsthilfe – ein uraltes Prinzip. "Schaut man in das Neue Testament, kann man feststellen, dass zwei Drittel aller Gleichnisse etwas mit Geld oder Handel zu tun haben. Im Wortschatz der Bibel ist Geld etwas Natürliches"

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Online-Redaktion

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