First Lady der russischen Opposition

Alexej Anatoljewitsch Nawalny ist Russlands großer Freiheitskämpfer und Dissident. Er fordert Präsident Putin heraus und die Demokratie ein. Dafür musste er ins Straflager. In seinem Schlusswort des Gerichtsverfahrens sprach er außer über Freiheit auch über Glück und Gerechtigkeit für Russland, und er bekannte sich als gläubiger Christ. Der Glaube gebe ihm Kraft. Nawalny verwies vor dem Berufungsgericht auf die Bibel und eines ihrer Worte als seine persönliche Handlungsmaxime: „Selig sind, die hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.“

Die Kraft des Glaubens wird er brauchen. Denn unter Anrechnung früherer Haftzeiten und eines mehrmonatigen Hausarrests wird der Oppositionelle frühestens nach zwei Jahren, sechs Monaten und zwei Wochen freikommen – also im Sommer 2023. Und das, nachdem Nawalny im vorigen Jahr schon einen Giftanschlag des Regimes überlebte. Schlagartig geriet damals seine Frau Julia ins Rampenlicht. Die 44-Jährige stand mit Sonnenbrille vor dem Krankenhaus im sibirischen Omsk und forderte, dass ihr Mann, der um sein Leben rang, zur Behandlung ins Ausland dürfe. Der souveräne Auftritt beeindruckte die Weltöffentlichkeit.

Julia Nawalnaja steht nicht nur bedingungslos hinter ihrem Mann und demonstrativ an seiner Seite. Auch sie schöpft Kraft aus dem Glauben. Die Freiheitsbewegung Russlands führen beide seither gemeinsam an. Und jetzt, da Alexej Nawalny wieder für lange Zeit in Haft ist, fällt ihr eine wichtige Rolle zu. Die Website "women.ru" hat ihr den Spitznamen „First Lady der Opposition“ verliehen. Der Politikwissenschaftler Konstantin Kalachev bescheinigt ihr nicht nur politische Klugheit, Charisma und Charme: „Sie könnte den Platz ihres Mannes einnehmen, wenn es nötig wäre“, sagte er der britischen "Times". Schon früher traten Nawalnys öffentlich als Team auf. Ein Gegensatz auch zu Nawalnys größtem Feind Putin, der – geschieden und offiziell alleinstehend – sein Privatleben, so gut es geht, geheim hält.

Während seiner Reha in Deutschland postete Nawalny auf Instagram immer wieder Fotos von Julia und sich. „Julia hat mein Leben gerettet“, schrieb er über die Mutter der beiden gemeinsamen Kinder, die sich so fürsorglich um ihn gekümmert habe. Vielfach ist seitdem Julia Nawalnajas psychische Stärke bewundert worden.

Westliche Medien nennen Julia Nawalnaja schon eine zweite Swetlana Tichanowskaja: Die Frau aus Belarus trat im August bei der Präsidentenwahl in ihrem Land gegen Langzeit-Machthaber Alexander Lukaschenko anstelle ihres inhaftierten Mannes Sergej an und gilt nun als wichtigste Führerin der Opposition. Diese Rolle wächst Nawalnaja in Russ­land auch zu.

Der prominente russische Sammler Marat Gelman glaubt, dass „Nawalnaja eine mächtige Politikerin werden wird“ und nun Wahlen in Russland gegen jeden außer Putin gewinnen kann. Es wurde vorgeschlagen, dass Nawalnaja sich selbst für die Staatsduma im Jahr 2021 nominiert. Der russische Schriftsteller Dmitri Bykow zieht noch einen anderen Vergleich: Nawalnaja erinnere ihn an die russische Freiheitsschriftstellerin Ljudmila Petruschewskaja, die unter dem stalinistischen Terror bitter zu leiden hatte und dennoch ihre Stimme erhob: Sie „steht Umständen gegenüber, die stärker sind als sie, aber irgendein Wunder hilft ihr, das Böse der Welt zu besiegen“. Das Wunder heißt Glaube.

(pro) 

Autor:

Online-Redaktion

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