Blickwechsel
Die vergessenen Bomben

Der Fliegerhorst Büchel gilt als einziger Standort Deutschlands, an dem noch US-Atomwaffen gelagert werden. | Foto: Stahlkocher/commons.wikimedia.org
  • Der Fliegerhorst Büchel gilt als einziger Standort Deutschlands, an dem noch US-Atomwaffen gelagert werden.
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Das rheinland-pfälzische Büchel in der Eifel war 1996 in der politischen Diskussion völlig unbekannt. Heute steht es auch für den friedlichen Protest für eine atomwaffenfreie Welt.

von Rainer Hofmann

Am Fliegerhorst Büchel lagern mutmaßlich die einzigen Atomwaffen in Deutschland – 20 US-Atombomben, die im Kriegsfall von deutschen Kampfpiloten abgeworfen werden müssten. Vor 25 Jahren, vom 14. bis 16. Juni 1996, gab es die ersten Demonstrationen dagegen.

Mittlerweile kommen Gruppen regelmäßig zum Protest in die Eifel, aus ganz Deutschland, aus Europa, aber auch aus den USA. Blockaden, Mahnwachen, Gottesdienste, Fastenaktionen prägen heute das Bild. In den vergangenen Jahren wurden nach Angaben der Friedensbewegung bisher 96 Aktivisten verurteilt, weil sie das Gelände betreten hatten.

Nach Ende des Kalten Kriegs waren die in Deutschland stationierten Atomwaffen zunächst aus dem Blickfeld der Friedensbewegung geraten, der Protest richtete sich vor allem gegen die Atomtests der Atommächte. Das änderte sich nach Unterzeichnung des Kernwaffenteststopp-Vertrags 1996. Greenpeace hatte bereits im August 1995 über «520 vergessene Bomben» berichtet, so auch die in Büchel. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag bezeichnete im Juli 1996 die Anwendung von Atomwaffen als völkerrechtswidrig. Der Protest in Büchel begann.

Elke Koller lebt nur wenige Kilometer vom Bundeswehrstützpunkt entfernt. «Ich wusste nichts von diesen Atomwaffen», erzählt die Apothekerin, die damals für die Grünen im Kreistag saß. Durch die Friedensbewegung sei sie darauf aufmerksam geworden. «Es ist wichtig, dass wir hier deutlich machen, dass in Büchel eine nukleare Aufrüstung durch die Modernisierung der amerikanischen Atomwaffen erfolgt», betont sie. Deutsche Piloten übten seit Jahrzehnten den Einsatz von Atomwaffen, obwohl Deutschland den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet und bei der Wiedervereinigung ausdrücklich auf Atomwaffen verzichtet habe. Freunde gemacht hat sie sich mit ihrem Engagement nicht unbedingt. Viele feinden die Aktivistin an, weil sie Sorge um die Arbeitsplätze in der strukturschwachen Eifel haben.

Solche Erfahrungen machte auch Rüdiger Lancelle aus Cochem. Er ist ebenfalls seit 1996 in Büchel aktiv. Der langjährige Presbyteriumsvorsitzende der Kirchengemeinde Cochem engagiert sich aus christlichen Motiven. Er gehörte zu den Initiatoren der Aktion «Jericho in der Eifel»: In Anlehnung an die biblische Geschichte von Jericho wurde der Fliegerhorst über sieben Jahre lang jedes Jahr umrundet – in der Hoffnung, dass danach die Zäune fallen und die vermuteten Atomwaffen verschwinden. Lancelle hält regelmäßig Mahnwachen am Haupttor und unterstützt die jährlichen kirchlichen Aktionstage. «Solange ich kann, werde ich hier meine Stimme gegen diese Atomwaffen erheben», sagt er.

(epd)

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