Deutscher Quäker forderten 1688 in Amerika
Abschaffung der Sklaverei

In Stein gemeißelt: Denkmal zur Erinnerung des Protestes der Deutschen gegen die Sklaverei in Germantown | Foto: Foto: Bodo Bost
  • In Stein gemeißelt: Denkmal zur Erinnerung des Protestes der Deutschen gegen die Sklaverei in Germantown
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Bereits 1688 forderten deutsche Einwanderer in Germantown in Pennsylvania die Abschaffung der Sklaverei innerhalb der Quäkerkirche, zu der sie selbst gehörten. Es war der erste Aufruf dieser Art in den 1776 gegründeten USA.

Die Sklaverei gilt als die Ursünde Amerikas. Sie bildet die Wurzel des Rassismus, der auch heute noch das Miteinander in der Gesellschaft mehr als alles andere belastet. Auch die Kirchen haben sich bis zur Abschaffung der Sklaverei in den USA schuldig gemacht und haben Sklaven besessen und ausgebeutet. Allerdings war es der Pfarrer einer Baptisten-Kirche, der mehr als alle anderen den Kampf für Gerechtigkeit und gegen die Rassentrennung symbolisierte und dafür starb. Sein Vater hatte den kleinen Michael King, nach einem Besuch an den Wirkungsstätten Martin Luthers in Deutschland im Alter von fünf Jahren, auf Martin Luther King jr. umbenannt. Heute haben viele Kirchen und Universitäten Fonds eingerichtet, mit denen sie die Nachkommen der schwarzen Sklaven unterstützen, die heute noch in ärmlichen Verhältnissen leben.
Einige protestantische Kirchen beteiligten sich schon sehr früh am Kampf gegen die Sklaverei. Die ersten waren deutsche Quäker, die 1683 die Stadt Germantown in Pennsylvania als erste deutsche Stadt in der Neuen Welt gegründet hatten. Ihr Mentor war der aus Sommerhausen im Landkreis Würzburg stammenden Pionier der deutschen Siedlung in den USA, Franz Daniel Pastorius (1651–1719). Er hatte William Penn (1644–1718), einen wohlhabenden englischen Quäker, der aufgrund der Verfolgung seiner Religionsgemeinschaft in den 1670er-Jahren in England eine Siedlung in Nordamerika plante, bei dessen Reisen in Deutschland kennengelernt. Penn predigte 1677 unter anderem in Kriegsheim bei Worms, wo sich Mennoniten und Quäker niedergelassen hatten. In englisch- und deutschsprachigen Werbeschriften machte der Quäker potenzielle Siedler mit seinem „Holy Experiment“ bekannt. Der von dem Projekt begeisterte Jurist Franz Daniel Pastorius entschied sich zur Auswanderung und fand eine Gruppe von Mennoniten und Quäkern im niederrheinischen Krefeld, die sich ihm anschlossen. Er und 13 Familien erreichten am 16. August 1683 mit dem Schiff „Concord“ die Neue Welt. Die kleine Gruppe ließ sich in der Nähe der Hauptstadt Philadelphia nieder, wo sie Germantown gründete. Bald folgten ihnen 50 weitere Familien, sodass Germantown bereits 1691 zur Stadt ernannt wurde.
Pastorius war der erste Bürgermeister und Richter in Germantown. 1687 wurde er ins Parlament von Pennsylvania gewählt, dem er bis 1691 angehörte. Er verfasste am 18. Februar 1688 eine Petition gegen die Sklaverei in Amerika, was ihm bis heute einen Platz in den US-Geschichtsbüchern sichert, denn es war der erste im Namen des Christentums und der Menschlichkeit erhobene Protest gegen das Sklavereisystem: "Oh, die ihr solche Dinge tut, überlegt, ob ihr in der gleichen Weise behandelt werden möchtet, und ob es sich mit dem wahren Christentum verträgt … Die Sklaven sollten aus den Händen ihrer Räuber erlöst und in gleicher Weise freigegeben werden, wie in Europa". Doch die Versammlung der Quäker antwortete am 5. Juli 1688: „Es wurde hier eine von mehreren deutschen Freunden verfasste Schrift eingereicht, welche die Frage der Gesetzlichkeit oder Ungesetzlichkeit des Kaufs und Haltens von Negern betrifft. Man kam dahin überein, dass es dieser Versammlung nicht zusteht, ein positives Urteil über diese, so viele andere Dinge berührende Frage abzugeben. Aus diesem Grunde unterließ man es, auf die Angelegenheit einzugehen“. Mit einem simplen Verweis auf die Gesetze verweigerte man eine Behandlung eines zutiefst christlichen und humanitären Anliegens.
100 Jahre vor der französischen Revolution hatte der Lutheraner Pastorius darauf verwiesen, dass jeder Mensch universelle Menschenrechte besitzt, die nicht verletzt werden sollten. Erst 1776, fast 100 Jahre später, verbot eine Proklamation der Quäker, die zusammenfiel mit der Unabhängigkeitserklärung der USA in Philadelphia, den Besitz von Sklaven. Ein Gesetz zur schrittweisen Abschaffung der Sklaverei wurde vier Jahre später vom Parlament in Pennsylvania verabschiedet, es war der erste Bundesstaat der USA, der dies forderte. Die Sklaverei in der gesamten USA wurde jedoch erst nach dem Bürgerkrieg 1865 endgültig abgeschafft. Die Anti-Sklaverei-Petition der deutschen Quäker von 1688 wurde später vergessen, bis sie 1844 wiederentdeckt und in der Quäkerzeitschrift „Friend“ veröffentlicht wurde. Sie wurde Teil der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei in den USA. Germantown, wo der erste weiße Protest verfasst wurde, ist heute selbst eine mehrheitlich afroamerikanische Wohngegend von Philadelphia geworden.
Bodo Bost

Autor:

Michael von Hintzenstern

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