Gewaltloser Widerstand hat eine lange Tradition
Es geht auch anders

Foto: pixabay.com/Thomas Wolter

Oft scheint es, als komme nur der zum Ziel, der mit Waffen und Gewalt für sein Anliegen kämpft.

Von Angelika Prauß

Dabei haben Menschen immer wieder bewiesen, dass es auch anders geht. Der wohl bekannteste Protagonist ist Mohandas Karamchand "Mahatma" Gandhi. Unter der Führung des späteren Friedensnobelpreisträgers gelang es den Indern 1947, sich durch Massenproteste von der britischen Kolonialherrschaft zu befreien – mit völlig gewaltfreien Mitteln. Waffengebrauch war für Gandhi ein "Symbol der Hilflosigkeit". Seine gewaltfreie Haltung begründete der Hindu unter anderem mit dem Friedensgebot in der christlichen Bergpredigt.

Gewaltfreiheit – im indischen Verständnis war das bislang etwas für Yogis gewesen, nicht für Politiker. Zwei Aktionsformen begründeten den Erfolg der Bewegung: Mit Generalstreiks und Boykotten verweigerten die 400 Millionen Inder den rund 300 000 Briten legal die Zusammenarbeit. Auch massenweise öffentlich praktizierter Gesetzesbruch zeigte Wirkung. 1947 wurde Indien unabhängig. Gandhi war eine charismatische und spirituelle Leitfigur. Sein Vorbild und sein gewaltloser Kampf inspirierten Menschen auch in anderen Teilen der Welt.


"Gewaltfreiheit – im indischen Verständnis war das bislang etwas für Yogis, nicht für Politiker"

So ermutigte er die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung unter Martin Luther King für den Kampf um die Gleichbehandlung von Schwarzen und Weißen. Auch der südafrikanische Freiheitskämpfer Nelson Mandela steht in der Linie des gewaltlosen Protests, ebenso gilt die myanmarische Politikerin Aung San Suu Kyi vielen als eine Ikone der Gewaltfreiheit.

Die polnische Solidarnosc-Bewegung für mehr Demokratie und Freiheit mobilisierte gewaltlos die Massen und erwirkte 1989 eine Loslösung aus dem Ostblock. Im selben Jahr sorgten in Ostdeutschland Hunderttausende friedlicher Demonstranten für den historischen Fall der Berliner Mauer und eine friedliche Wende.

Ziviler Protest wirkt zudem auch in kleineren Dimensionen. So sorgten die Benediktinerinnen im niedersächsischen Dinklage 1997 mit einem Sit-in für großes Aufsehen. Die Ordensfrauen hinderten mit einer stundenlangen Sitzblockade Polizeibeamte an der Abschiebung einer ukrainischen Flüchtlingsfamilie aus dem Kirchenasyl.

Viel beachtet wurde auch der Sitzstreik von Klimaaktivistin Greta Thunberg: Im Hitzesommer 2018 startete sie ihren Protest für mehr Klimaschutz. Junge Menschen in der ganzen Welt taten es ihr in der Folge gleich. Aus dem freitäglichen Schulstreik entstand die globale "Fridays for Future"-Bewegung.

Wo aber endet heute friedlicher Protest? Ist es legitim, wenn sich heute Aktivisten zur Hauptverkehrszeit auf Straßen festkleben oder Landebahnen auf Flughäfen blockieren, um auf die Emissionsbelastung aufmerksam zu machen? Der Jesuitenpater Jörg Alt meint: ja. Er unterstützt Protestaktionen der "Letzten Generation". Noch 2019 war der Ordensmann bei "Fridays for Future" aktiv. Deren etablierte Protestformen aber reichten nicht mehr aus, erklärte er jüngst.

 (kna) 

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Autor:

Online-Redaktion

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