Ministerpräsident Reiner Haseloff gewählt
Der katholische Lutheraner

Foto: epd-bild / Jens Schlüter

Er liebt vor allem eins: Fakten, Fakten, Fakten. Reiner Haseloff ist eher ein spröder, nüchterner Typ. Für den promovierten Physiker spricht, dass er sich nicht verstellt und dass er seinen Job als Sachsen-Anhalts Ministerpräsident zwei Mal in Folge nach Einschätzung vieler gut gemacht hat. Trotz schwieriger Bedingungen, trotz Corona-Krise und wackeliger Kenia-Koalition kann er in seiner bisher zehnjährigen Amtszeit gesunkene Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen Aufschwung vorweisen.

Von Nina Schmedding 

Das dankten ihm die Wähler im Juni mit einer überraschend eindeutigen Wahl. 37,1 Prozent entschieden sich für die CDU und damit für ihn. Damit erzielte der 67-jährige Politiker ein deutlich besseres Ergebnis für seine Partei als bei der Wahl 2016, wo er 29,8 Prozent der Stimmen erhielt. Durch die Rückkehr der FDP nach zehn Jahren in den Landtag hatte Haseloff diesmal mehr Möglichkeiten der Regierungsbildung. Eine Koalition mit der AfD oder den Linken hatte der konservativ-bürgerliche Politiker ausgeschlossen. Er entschied sich für ein breites Bündnis mit SPD und Liberalen. Dass er dennoch erst im zweiten Wahlgang die erforderliche Mehrheit erhielt, mag ein Warnschuss sein, dass auch diese Koalition kein Selbstläufer wird.

"Hasi" nennt ihn das politische Magdeburg zwar nachsichtig-spöttelnd. Der Kosename steht jedoch in deutlichem Gegensatz zu seiner Prinzipientreue, für die er auch berüchtigt ist. Entsprechend sein Motto, auf seiner Homepage einsehbar: "Streng in der Sache, milde in der Form, treu sich selbst." Treue zu sich selbst belegt auch sein Lebenslauf, der vor allem zwei Konstanten aufweist: die CDU, in die er 1976 bereits zu DDR-Zeiten eintrat, und sein katholischer Glaube.

Nach der Wende stieg Haseloff in die Parteispitze auf. Seit 1990 gehörte er dem CDU-Landesvorstand an, von 2004 bis 2012 war er Vize-Landesvorsitzender. 2002 holte ihn sein Vorgänger Wolfgang Böhmer in die Landesregierung, als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium - dessen Leitung er 2006 als Minister übernahm. Erfahrungen brachte er als langjähriger Direktor des Arbeitsamtes Wittenberg mit. Im CDU-Bundesvorstand sitzt er seit 15 Jahren.

Im April 2011 wurde der geborene Sachsen-Anhalter erstmals zum Ministerpräsidenten gewählt. Damit war er der erste ostdeutsche Katholik an der Spitze des Bundeslandes. Der Glaube spielt für ihn eine große Rolle: Seine Frau sucht ihm täglich ein Bibelzitat zum Start in den Tag heraus, der Besuch der Messe ist für ihn so selbstverständlich wie "alle drei Sekunden zu atmen", so schildert er es selbst. Dies war auch schon zu DDR-Zeiten so, während denen er nach eigener Aussage - wenn nötig auch heimlich - den Gottesdienst besuchte. In Sachsen-Anhalt gehört Haseloff mit seiner Konfession indes einer Minderheit an. Nur etwa 3,5 Prozent der Bevölkerung sind katholisch.

Sein Verhältnis zu den Kirchen ist grundsätzlich gut: So förderte Haseloff etwa das Reformationsgedenken 2017 als Landeschef finanziell und ideell nach Kräften. Gerne verweist er bei Veranstaltungen auch darauf, dass Sachsen-Anhalt die höchste Klöster- und Kirchendichte bundesweit aufweist. Er will die vergessenen religiösen Wurzeln der Region wieder in Erinnerung rufen - nicht nur die christlichen. Auch die jüngsten Synagogen-Neubauten in Dessau und Magdeburg unterstützt seine Landesregierung.

Zugleich übt Haseloff mitunter auch deutliche Kritik an den Kirchen. Sie müssten sich mehr auf das besinnen, wofür sie einmal ins Leben gerufen worden seien, findet er: die Verkündigung des ewigen Lebens. Hier habe die Kirche ein Alleinstellungsmerkmal, während etwa im karitativen Bereich auch genügend andere Organisationen engagiert seien.

Bei aller Verbundenheit im Glauben sind auch die Kirchen nicht immer mit dem Ministerpräsidenten einverstanden. Seine Forderung nach Obergrenzen für Flüchtlinge etwa, mit der er sich 2015 von der Politik der Kanzlerin distanzierte, kam bei den Kirchen nicht so gut an. Die Wahlentscheidung im Juni hatte der Magdeburger Bischof Gerhard Feige indes uneingeschränkt als "ausdrucksstarkes und hoffnungsvolles Signal für die Mündigkeit und das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt" begrüßt.

(kna)

Autor:

Online-Redaktion

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