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Ich habe genug!

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Es gibt wohl niemanden in diesen Tagen, der behaupten würde, die Pandemie habe keine Spuren hinterlassen. Resigniert, erschöpft und einfach nur am Ende. In vielen Familien wird das Thema längst ausgeklammert, totgeschwiegen. Nachrichten, die Pandemie betreffend, werden weggedrückt. Man kann es nicht mehr hören.

Von Willi Wild

Die Schwächsten, Alte, Kranke und Kinder, leiden besonders, heißt es. Doch mittlerweile fehlt auch den vermeintlich Starken und körperlich Gesunden die Kraft. Ich entdecke gerade die Klagepsalmen neu. „Ist’s denn ganz und gar aus mit seiner Güte, und hat die Verheißung für immer ein Ende? Hat Gott vergessen, gnädig zu sein, hat er sein Erbarmen im Zorn verschlossen?“, lese ich in Psalm 77.

Es tut schon allein gut, die Klage nur zu lesen. Es ist etwas anderes als das Klagen und Ärgern über Verordnungen oder die da oben und die daneben. „Herr, wie lange wirst du mich noch vergessen?“ (Psalm 13). Die Klage wird direkt adressiert. Und Gott? Hält es aus.

Für den Reformator Calvin sind die Psalmen ein Spiegelbild der eigenen Seele. Keine innere Regung wird ausgeklammert. Ich kann nachsprechen, was der Psalmdichter beklagt, und wo es ihm nur noch elend geht. Ich darf Gott anklagen und mein Herz ausschütten. Ungefiltert kann ich alles rauslassen, mich ehrlich machen.

Aber ändert das die Situation? Das nicht, aber die Perspektive. Wie wir wissen, war der starke Martin Luther oft entmutigt, verzweifelt, depressiv, und doch schreibt er: „Ich muss verzweifeln, aber das lasse ich bleiben. Wie Judas an den Baum mich hängen, das tu’ ich nicht. Ich hänge mich an den Hals oder Fuß Christi wie die Sünderin. Ob ich auch noch schlechter bin als diese, ich halte meinen Herrn fest.“

Autor:

Online-Redaktion

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